Dienstag, 22. Februar 2022

Bertolt Brecht - Der kaukasische Kreidekreis

 


Autor

Brecht wurde 1898 in Augsburg geboren und war ein bekannter deutscher Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Er wuchs in gesicherten bürgerlichen Verhältnissen auf. Bereits für eine Schülerzeitung schrieb Brecht als 15-jähriger Gedichte und Geschichten. Nach Notabitur und  kurzem Kriegshilfsdienst am Ende des ersten Weltkrieges arbeitete er als Hauslehrer, bevor er ein Medizinstudium begann. Aber sein Interesse galt nur der Literatur und er knüpfte früh Kontakte zu Schriftsteller und versuchte, im Kulturleben Fuss zu fassen. 

1922 wurde dann das erste Stück von Brecht an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt ('Trommeln in der Nacht'), anschließend begann dann seine Erfolgsgeschichte. Ende der 1920er Jahre wandte sich Brecht dem Kommunismus zu, was dann auch in der Nazizeit zu seiner Emigration u.a. nach Dänemark und schließlich in die USA führte. Nach dem Krieg war hielt sich Brecht oft in der DDR auf, hatte dann aber nach dem Aufstand von 1953 Probleme ,it dem SED Regime, das dann auch einen langen Briefs Brechts an Ulbricht verfälschen verkürzte, was in Westdeutschland zur Absetzung seiner Stücke von den Spielplänen führte-

Brecht gilt als Gründer des so genannten Epischen Theaters, in dem statt Gefühle distanziertes Nachdenken beim Betrachter ausgelöst werden sollte, was durch starke Verfremdung realer Ereignisse geschieht. Seine heute noch erfolgreichsten Stücke sind wohl 'Mutter Courage und ihre Kinder', Der gute Mensch von Sezuan', was ich damals gelangweilt in der Schule gelesen, aber nicht verstanden habe und die 'Dreigroschenoper'. Er starb 1956.

Buch:

Das hier zu besprechende Theaterstück entstand 1944/45 während des Exils Brechts in den USA und wurde 1948 auch noch in den USA uraufgeführt. Die erste deutsche Aufführung fand erst 1954 in Berlin statt. Das Stück basiert auf einem Werk Klabunds, für das Brecht bereits die Idee geliefert hatte. Die Schauspielerin Luise Rainer kam zu Brecht mit dem Anliegen, so etwas spielen zu wollen. Daraufhin hat Brecht dann dieses Stück geschrieben, Rainer hat dann aber doch nicht in der Uraufführung mitgespielt.

Hauptfiguren:

Grusche Vachnadze, eine Magd
Lavrenti Vachnadze, ihr Bruder
Aniko, ihre fromme Schwägerin
Jussup, ihr Ehemann
Simon Chachava, ein Soldat
Azdak, erst Lump, dann Richter
Michel, Sohn der Frau des Gouverneurs



Inhalt und Rezeption:

Irgendwo im Kaukasus unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg diskutieren die Vertreter zweier Kolchosen über die zukünftige Verwendung eines bestimmten Stück Landes in einem Tal, das entweder wieder für die Herstellung von Käse wie vor dem Krieg dienen soll oder aber nun zur Produktion von Obst und Wein umgewidmet werden soll. Das Projekt für die Umwidmung hat die besseren Argumente. Zur Feier des Entschlusses tritt ein Sänger aus und singt ein altes chinesisches Stück über den 'Kreidekreis'.

Aus dieser Rahmenhandlung heraus geht es dann hinein in die Geschichte des Kreidekreises. In den Wirren um eine Meuterei gegen einen Gouverneur wird Simon beauftragt, die Frau des Gouverneurs (Natella Abaschwili) und ihr Kind (Michel) in Sicherheit zu bringen. Vorher trifft er aber auf die Magd Grusche, um deren Hand er anhält. Die Unruhen werden größer, so dass die Gouverneurin überstürzt, aber mit vielem ihrer Kleider, flieht und das Kind zurücklässt, das dann bei Grusche landet. Das Kind ist der Erbe des inzwischen ermordeten Gouverneurs und wird von den Aufständischen (der fette Fürst ) gegen Belohnung gesucht. Grusche nimmt sich des Kindes an und flieht mit ihm ins Gebirge, auf dem Weg erlebt sie allerlei Abenteuer.

Nach mehreren Tagen erreicht sie dann das Haus ihres Bruders. Da dessen Frau besonders fromm ist, gibt auf Rat ihres Bruders das Kind als ihres aus. Lavrenti sucht einen Mann für Grusche, um das Kind zu legitimieren. Es ist ein sterbenskranken Mann, an dessen Mutter er viel Geld zahlt, um die Ehe zu schließen. Dann ist der Krieg aus. Und plötzlich ist ihr Mann nicht mehr sterbenskrank, denn er wollte sich nur vom Kriegsdienst drücken. Nun muss Grusche widerwillig diese Ehe leben, wartet aber eigentlich auf ihren Geliebten Simon, dass er aus dem Kriege zurückkehren möge. 

Das passiert auch, aber Simon kann nicht glauben, dass das Kind nicht von Grusche ist und wendet sich ab, zumal gerade in dem Momente Panzerreiter kommen, um das Kind mitzunehmen und Grusche daher erneut behauptet, es sei ihr Kind, was Simon dummerweise auch noch mitbekommt. Krusche folgt den Panzerreitern in die Stadt, ein Richter muss nun entscheiden, wie es weitergeht. 

Dann wird die Geschichte dieses Richters erzählt, der erst eine skurrile Probeverhandlung führen muss, wobei nicht der eigentliche Kandidat erwählt wird, sondern der Lump Azdak, der den zu Verurteilenden spielte. Auf die Beschreibung weiterer Einzelheiten verschiedener Verhandlungen verzichte ich aber hier. Er verhält sich aus lauter Dummheit ein wenig wie Robin Hood, was ist aber die Moral dieser Person?
 
Michels Mutter hat nach Beendigung des Krieges ihren Anspruch auf ihren Sohn angemeldet. Ausgerechnet Azdak soll nun die Gerichtsverhandlung führen. Da Grusche das Kind aufgezogen hat. sieht es aber inzwischen als ihr eigenes Kind an, auch wenn aus dem Text keine emotionale Verbindung erkennbar wird. Weil der Richter nicht klären kann, wer wirklich die Mutter ist, malt er einen Kreidekreis, lässt das Kind in die Mitte stellen und die beiden Frauen an den Rand des Kreises und sie je eine Hand des Jungen nehmen.  Dann sagt er: "Die richtige Mutter wird die Kraft haben, das Kind aus dem Kreis zu sich zu ziehen." Grusche lässt das Kind los, will es nicht verletzten, woraufhin Azdak ihr das Kind zuspricht.


Lesespaßfaktor:

Die Handlung in diesem Theaterstück ist wie so oft in solchen Stücken ziemlich unrealistisch. Vor allem geht es nicht wirklich um die Motive der Personen für ihre Handlungen, sondern eher um Gleichnisse und Parabeln, die der Leser/Zuschauer in den Handlungen erkennen soll.Warum das ganze im Kaukasus spielt wird nicht erklärt. Die Protagonistin nimmt ein Kind auf, kümmert sich auch die Versorgung, aber dass sie das Kind wirklich liebt erkennt der Leser nicht. Daraus abzuleiten, die sozial(istisch)e Situation sei für das Kind wichtiger als die wahre Mutterschaft, das finde ich zu weit hergeholt. 

Und wieso ein Lump wie Azdak plötzlich Richter wird, das ist dann schon alles ein wenig kurios. Und dann soll er noch eigentlich ein guter Richter sein, na ja! Ferner ist die Handlung zu Beginn eigentlich völlig überflüssig, es wird später überhaupt nicht mehr Bezug aus sie genommen. Alles in allem finde ich das Theaterstück zwar leicht zu lesen, aber wirklich berührt es mich nicht.