Mittwoch, 1. Dezember 2021

Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel


Autor:

Den meisten Menschen ist Umberto Eco bekannt als Autor des wunderbar verfilmten Buches 'Der Name der Rose', das 1980 erschien. Eco wurde 1932 im Piemont geboren und starb 2016. Seine Erinnerungen aus der Jugend, insbesondere des Partisanenkrieges am Ende des 2. Weltkrieges hat er in zahlreichen Romanen verarbeitet. Nach seinem Studium der Philosophie und der Literatur hat er kurze Zeit beim Fernsehen gearbeitet, danach einige Jahre als Lektor in einem Mailänder Verlag. Ab 1963 dozierte er an verschiedenen Universitäten in Italien Ästhetik und visuelle Kommunikation, später als Professor für Semiotik (Zeichentheorie). Literarisch begann sein Erfolg bereits mit dem o.e. ersten Roman, er schrieb insgesamt sechs, das hier besprochene Buch ist sein zweiter Roman. Genretechnisch wird Eco der Postmoderne zugerechnet.


Montag, 25. Oktober 2021

Siegfried Lenz - Deutschstunde

 

Autor: 

Siegfried Lenz wurde 1926 in Ostpreußen geboren. Nach seiner Entlassung aus britischer Kriegsgefangenschaft studierte er Philosophie und Literaturwissenschaften. Ab 1948 publizierte er Kurzgeschichten, sein erster Roman folgte 1951. Lenz war Mitglied des Literatenzirkels "Gruppe 47". Der hier vorgestellte siebte Roman war sein literarischer Durchbruch, der ihm den heutigen Status als einer der wichtigsten Autoren der Nachkriegszeit einbrachte. Insgesamt verfasste Lenz 15 Romane und mehr als 100 Kurzgeschichten, Theaterstücke und Essays. Er starb im Jahr 2014.

Donnerstag, 26. August 2021

Hermann Hesse - Roßhalde


Autor

Hermann Hesse ist einer der wenigen deutschen Literatur Nobelpreisträger. Er wurde 1877 in Calw geboren und lebte viele Jahre seines Lebens in der Schweiz. Er war kurze Zeit Buchhändler, lebte aber seit seinem ersten Romanerfolg mit 'Peter Camenzid' ab 1904 als freier Schriftsteller. Er verarbeitet in seine literarischen Werke eigene Lebenswege, Träume und Erkenntnisse, die aber von einer wunderbaren Allgemeingültigkeit sind.

Buch:

Ich habe schon einige Romane Hesses gelesen, insbesondere der 'Steppenwolf' hat mich in jüngeren Jahren stark beeinflusst. auch die bekannteren großen Romane 'Narziss und Goldmund. 'Siddartha' und natürlich das 'Glasperlenspiel' habe ich mit großem Vergnügen gelesen. 'Roßhalde' erschien 1914 und ist ein eher früher Roman Hesses und es ist interessant zu sehen, was von der literarischen Klasse Hesses hier schon angelegt ist. Das Werk umfasst lediglich 158 Seiten. Ein Freund Hesses, der Maler war, stand Pate für die Hauptfigur des Romans. Autobiografische Bezüge gibt es auch zur Figur des kranken Kindes, Hesses Sohn erkrankte im Alter von 3 Jahren im Jahr des Erscheinens dieses Werkes ebenfalls an Hirnhautentzündung. Schließlich trennte sich auch der Autor im wahren Leben von seiner Frau, allerdings erst 5 Jahre nach der Publikation dieses Eheromans.

Hauptfiguren:

Johann Veraguth, Maler
Adele, seine Frau
Otto Burkhardt, sein einziger Freund
Pierre, sein jüngerer Sohn
Albert, sein älterer Sohn


Inhalt und Rezeption:

Der Name des Romans bezieht sich auf das Anwesen, das Johann, seine Frau und der jüngere Sohn zusammen mit einigen Dienern bewohnen. Der ältere Sohn wurde auf ein Internat geschickt, da das Verhältnis zum Vater zerrüttet ist, er hatte nach dem Vater ein Messer geworfen.

Die Ehe ist lange erkaltet, Johann leidet unter der emotionalen Kälte seiner Frau. Er hat sich neben sein Atelier zwei Zimmer anbauen lassen und lebt weitgehend getrennt von seiner Frau und konzentriert sich ganz auf seine Malerei, die ihm einige Erfolge beschert. Einzig sein jüngerer Sohn Pierre hält ihn in Roßhalde, der Junge ist das Bindeglied und Objekt seiner ganzen Liebe.

Sein einziger Freund Otto, den er schon aus Kindertagen kennt und der in Indien lebt, kündigt seinen Besuch in Roßhalde an. Zur gleichen Zeit kommt auch Albert in den Sommerferien zurück ins Elternhaus. Johann verbringt einige intensive Tage mit Otto, der ihm gegen Ende seines Besuchs und nach seiner eigenen Beobachtung der Zustände im Haus den dringenden Rat gibt, die Familie zu verlassen und zumindest zeitweise mit ihm nach Indien zu kommen, damit er sich nicht selbst völlig verliert. So sagt er zu Johann, der ich in sein Atelier wie in eine Burg eingeschlossen hat:
    "Glücklich ist, wer hofft!"
Und genau diese Hoffnung ist Johann abhanden gekommen. Aber Johann kann sich zunächst noch nicht entschließen, eine solche fundamentale Veränderung in seinem Leben vorzunehmen, da er Pierre nicht verlieren will und seine Frau ihm eindeutig verwehrt hat, Pierre mit sich zu nehmen.

Als Johann für sich doch entscheidet, seine Familie zu verlassen, erkrankt Pierre. Zunächst wirkt er nur antriebslos, so als spüre er die Spannung zwischen seinen Eltern und rebelliert dagegen. Aber dann wird deutlich, dass der Junge doch ernstlich erkrankt ist, der Arzt diagnostiziert schließlich eine Hirnhautentzündung, an der Pierre schließlich stirbt. Während seines letzten Aufbäumens vor seinem Tod hat Adele in der Hoffnung, der Sohn möge doch überleben, Johann versprochen, er könne Pierre haben, aber es ist zu spät. Johann regelt alle finanziellen Dinge und trennt sich schließlich von seiner Frau.


Lesespaßfaktor:

Die Geschichte wird  hauptsächlich aus der Sicht von Johann geschildert, erst gegen Ende wird auch die Ehefrau etwas näher charakterisiert und ihre Gefühle bekommen ein gewisses Profil. Der ältere Sohn als Sohn der Mutter spielt nur eine untergeordnete Nebenrolle, die Ursachen des schlechten Verhältnisses zum Vater werden nur angerissen. Teilweise beschreibt Hesse die Familiensituation auch aus der Perspektive des siebenjährigen Pierre, der seine Gefühle noch nicht so in Worte fassen kann, dass sein Vater ihn wirklich versteht.

Im Mittelpunkt steht Johann, seine Freundschaft zu Otto, seine Liebe zu Pierre und seine Passion für seine Malerei. Der kurze Roman ist eine wunderbare Parabel über Freundschaft, Einsamkeit in der Ehe und Verlust. 

Dienstag, 24. August 2021

Jean d'Ormesson - Die Legende vom Ewigen Juden

 



Autor: 

Jean d'Ormesson wurde 1925 in Paris geboren. Er war Journalist, Schriftsteller und Literaturkritiker. Sein Vater war Diplomat und hat während des zweiten Weltkrieges zahlreichen Juden zur Flucht aus Deutschland geholfen. Er schrieb mehrere Romane, wovon 'La Gloire de l'Empire' und 'Au Plaisir de Dieu' (deutsch "Wie es Gott Gefällt') aus den 1970er Jahren besonders erfolgreich waren. D'Ormesson stammt aus einer relativ bedeutenden und reichen Familie und hat in Frankreich neben seinen journalistischen Tätigkeiten auch Politiker beraten. Er starb 2017.

Freitag, 18. Juni 2021

William Faulkner - Die Freistatt


Autor: 

William Cuthbert Faulkner wurde 1897 im US Bundesstaat Mississippi geboren. Sowohl sein Urgroßvater als auch sein Großvater waren bedeutenden Persönlichkeiten im Mississippi des 19. Jahrhunderts. Sein Vater hingegen war ein eher erfolgloser Geschäftsmann, dessen erster Sohn William war. Auf Anregung der Mutter las William schon früh große Werke der Weltliteratur, nach seinem Schulabbruch arbeitete er zunächst in der Bank des Großvaters, 1914 wollte in die Luftwaffe, wurde aber abgelehnt. Nach 1918 arbeitete er bis 1924 in der Bibliothek der University of Mississippi im kleinen Ort Oxford. Erste Texte erschienen in der Universitätszeitung. In den Folgejahren schrieb und veröffentlichte Faulkner viel, konnte davon aber kaum leben. Der erste kleinere Erfolg kam mit dem hier besprochene Buch, das in seiner ersten Version 1929 unter dem Titel 'The Sanctuary' veröffentlicht wurde. Erst 1950 erhielt Faulkner den Nobelpreis für Literatur, rückwirkend für das Vorjahr, als die Juroren die Verleihung ablehnten. Danach besserte sich die finanzielle Situation. Anfang der 1950er schrieb er noch eine Fortsetzung von 'Die Freistatt', 'Requiem für eine Nonne', das ebenfalls die Sittlichkeit des Menschen zum Thema hat. Faulkner starb 1962 in seinem Heimatbundesstaat nach einem Reitunfall an den Folgen eines hierdurch erlittenen Herzinfarktes. Er gilt als bedeutendster amerikanischer Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Sonntag, 13. Juni 2021

Antonia Byatt - Besessen

 

Autor: 

Antonia Susan Byatt wurde 1936 in Sheffield geboren. Sie studierte an verschiedenen Universitäten und war seit 1950 Dozentin an verschiedenen Hochschulen in London, bevor sie sich Ende der 80er Jahre vollständig dem Schreiben widmete. Ihre erstes Werk erschienen 1964, das bisher letzte 2016. Die Themen ihrer Bücher drehen sich oft um die viktorianische Zeit und Beziehungsthemen. Für ihre Werke wurde Byatt vielfach ausgezeichnet.

Dienstag, 1. Juni 2021

Victor Hugo - Der Glöckner von Notre-Dame

 

Anlass, dieses Buch zur Hand zu nehmen, war das schreckliche Feuer, das vor zwei Jahren den Dachstuhl der wundervollen Kathedrale vernichtete. Heute noch bekannt ist der Autor wohl hauptsächlich durch das Musical 'Les Miserables', das auf seinem Roman basiert.

Autor:

Victor-Marie Vicomte Hugo wurde 1802 in Besançon geboren. Seine Eltern trennten sich früh, er lebte meistens bei der Mutter in Paris, zeitweise aber auch beim Vater, einem Militär, in Neapel oder Madrid. Früh wollte Hugo Schriftsteller werden, sein Vorbild war Chateaubriand. Dennoch studierte er erst Jura. Seine, aber bereits 1819 erhielt er erste Auszeichnungen für seine Gedichte. 1822 heiratete er eine Jugendfreundin und bekam 5 Kinder, von denen 4 überlebten, später ging seine Frau mit seinem Freund fremd, was er hilflos duldete, dann aber später eine Schauspielerin kennenlernte, mit der er glücklich bis zu seinem Tod zusammenlebte. Seine literarischen Erfolge brachte ein bescheidenes Einkommen, aber seine Anerkennung als ein Begründer des romantischen Theaters wuchs. 1831 erschien das hier zu besprechende Werk, das im Original 'Notre Dame de Paris' heißt. Es folgten zahlreiche historische Romane und Dramen. Nach politischer Kritik an Bonaparte (später Napoleon III) wird Hugo verbannte, er lebt dann einige Zeit auf Jersey und Guernsey und kann erst nach dem Sturz des Kaisers zurück nach Paris. 1862 wird das Hauptwerk 'Les Miserables' veröffentlicht. 1885 stirbt Hugo und wird im Pantheon beigesetzt. Sein Schaffen kann teils der Romantik, teils dem Realismus zugeordnet werden.

Donnerstag, 20. Mai 2021

T.C. Boyle - Wassermusik

 


Autor: 

Tom Coraghessan Boyle wurde 1948 im US Bundesstaat New York geboren. Seine Eltern kamen aus ärmlichen Verhältnissen und waren beide Alkoholiker, was seine schulischen Leistungen beeinträchtigte. Trotzdem studierte er nach dem knapp geschafften High School Abschluss Englisch und Geschichte und begann während dieser Zeit mit dem Schreiben. Nach dem ersten Abschluss arbeitete er einige Jahre als Lehrer und promovierte dann doch noch in Iowa in Englischer Literatur. Dort wurde John Irving sein Mentor für seine literarischen Ambitionen. Seit den 1980er Jahren ist er neben seinen schriftstellerischen Ambitionen auch als Professor für Englisch tätig. Er schrieb zahlreiche Kurzgeschichten und bisher 16 Romane, oft mit historischem Hintergrund. 

Mittwoch, 5. Mai 2021

Edward M. Forster - Wiedersehen in Howards End

 



Autor: 

Edward Morgan Forster ist ein britischer Schriftsteller (1879 - 1970), der aufgrund seiner Gesellschaftsromane bekannt wurde. Sein Vater verstarb früh, er wurde von seiner Mutter und seinen Tanten aufgezogen. Nach der Schule und Studium der Philologie in Cambridge sowie Reisen mit seiner Mutter nach Italien und nach Griechenland arbeitete er zeitweise als Hauslehrer in Pommern. Sein erster Roman erschien 1905. Vor dem 1. Weltkrieg arbeitete er in der National Gallery in London, im Krieg diente er für das Rote Kreuz in Ägypten. Ab 1921 arbeitete er in Indien, wo auch schon 1924 sein letzter Roman erschien.

Freitag, 30. April 2021

Leif Randt - Allegro Pastell

 

Autor:

Leif Randt ist ein junger (geb. 1983) deutscher Schriftsteller, der seit 2009 Romane veröffentlicht und dafür schon viele lokale Preise gewonnen hat. 

Buch:

Nach einem Klassiker von Goethe wollte ich mal wieder ein zeitgenössisches Buch lesen. Auf Empfehlung der "Zeit" widme ich mich daher dem hier vorliegenden Buch. Es ist der vierte Roman des Autors, erschien 2020 und es wurde für den Leipziger Buchpreis nominiert sowie stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Es handelt sich um einen Liebesroman. Stilistisch Popliteratur und bis auf wenige fiktive Ausnahmen spielt der Roman der realen Welt.

Inhalt und Rezeption:

Phase 1:

Tanja kommt zu Ostern aus Berlin ihren Freund Jerome in Frankfurt besuchen. Dann wird kurz der Beginn ihrer Beziehung beschrieben und weiter geht es in ihrem Beziehungsalltag. Die Geschichte wird zunächst aus der Sicht von Jerome erzählt, einerseits die (oberflächliche) Handlung, andererseits seine inneren Betrachtungen zu ihrer Beziehung, zu seinem eigenen Leben und zu seiner Umwelt. Dann wird die Perspektive gewechselt und aus Tanjas Sicht erzählt.

Sie tauschen sich über alles aus, inkl. ihrer gelegentlichen Drogenerfahrungen auf Partys. Jerome entwirft eine Webseite für Tanja, die er ihr erstmalig an ihrem 30. Geburtstag zeigt. Kurz darauf trennt sich Tanja, die sich zu Janis, dem Freund ihrer besten Freundin in Berlin hingezogen fühlt, von Jerome, ohne dass dem Leser der Auslöser richtig deutlich wird, irgendwie ausgelöst durch die von Jerome gestaltete Webseite. Sie fährt zu ihren Eltern und bespricht sich mit ihrer Mutter, die selbst Therapeutin ist, was ihr aber auch nicht wirklich hilft.

Phase 2:

Das 8. Kapitel beginnt mit einem schnellen Wechsel zwischen den Aktivitätsberichten von Tanja, die jetzt eine Affäre mit Janis hat, die dann aber kurze Zeit später auch wieder auf Eis liegt, und Jerome, der versucht, mit der Trennung klarzukommen, die er nicht versteht. Er fängt eine Beziehung mit der alten Bekannten Marlene an. Einige Monate später meldet sich Tanja dann doch wieder bei Jerome. Man nähert sich wieder an und beschließt, gemeinsam auf die Hochzeit eines Freunde zu gehen. Aber richtig zusammenkommen tun sie zunächst noch nicht. Beide leben ihr Leben, treffen ihre Freunde und tauschen sich eher über Social Media aus. Tanja richtet eine Weihnachtsfeier mit ihrer Familie aus, Jerome besucht seine Mutter in Lissabon und trifft immer noch Marlene. Trotzdem verabreden sich Tanja und Jerome zu einer gemeinsamen Silvesterparty in Berlin, aber auch dort gelingt es beiden nicht wirklich wieder zusammenzukommen.


Phase Neu:

Jerome ist nun wieder mit Marlene zusammen und diese ist schwanger von ihm, ersteht vor einem 'reaktionären' Leben. Tanja schreibt weiter an ihrem nächsten Text, der aber von ihrer Lektorin nicht sehr positiv aufgenommen wird, ein ganz neuer Roman danach dann aber sehr wohl. Die weitere Entwicklung ihrer Kontakte zu ihrer Schwester oder ihrer Freundin und anderen Personen erfolgt über eine Reihe von Posts. Die beiden tauschen sich immer mal wieder per Mail oder Textnachricht aus Tanja erfährt von der Vaterschaft, lässt Jerome zum Schluss wissen, dass sie selbst jetzt erst einmal gerne alleine bleibt.




Figuren:

Jerome Daimler, Webdesigner, 35 Jahre
Tanja Arnheim, 30 Jahre alt, seine Freundin, Schriftstellerin
Sarah, ihre jüngere Schwester
Amelie, ihre Freundin
Janis, Amelies Freund
Jürgen Casper Daimler, sein Vater
Ulla, ihre Mutter
Konstantin, ihr Vater
Bruno und Julian, seine Freunde
Marlene, seine Grundschulbekanntschaft und spätere Freundin

Lesespaßfaktor:

Vieles ist leicht und flockig geschrieben, mit schönen Sätzen wie:

"Denn wenn man seiner Psyche oft schutzlos ausgeliefert schien, ließ sich die eigene Religiosität womöglich designen." oder
"Ich bin viel zu sehr in den Eigensinn hinein sozialisiert worden." 

"Eine Midlife Crisis fing vermutlich damit an, dass sich alles so anfühle, als wäre es schon mehrfach da gewesen, bei gleichzeitig sinkender Intensität." 

Manche Passagen plätschern dann aber auch so dahin, positiv gestimmt würde ich sagen, wie das so im Alltag einer Beziehung auch ist. Das Buch lässt sich zügig lesen, die Sätze sind relativ kurz und einfach verständlich in moderner Sprache formuliert ("an der Hand eines Girlfriends"; "keine Policies der Informationsvergabe vereinbart"). Ich merke aber auch deutlich, dass ich nicht zu der Generation der beiden Protagonisten gehöre, das Leben um die permanente Suche nach dem besonderen Kick und dem immer Neuen sowie einer ausgeprägten Ichbezogenheit war aber auch vielleicht noch nie meines, auch als ich um die 30 war. Der Kritik, es handele sich um eines der wichtigsten Bücher der deutschen Gegenwartsliteratur handelt, kann ich mich nicht anschließen, auch wenn ich nicht allzu viele Bücher davon kenne. 

Samstag, 24. April 2021

Johann Wolfgang Goethe - Wilhelm Meisters Lehrjahre

 

Autor:

Goethe kennt wohl jeder. Geboren 1749 in Frankfurt am Main, gestorben 1832 in seinem Haus in Weimar. Er ist der bedeutendste Dichter deutscher Sprache und war nebenbei auch noch Naturforscher. Seine Eltern stammen aus einer angesehenen bürgerlichen Familie, zusammen mit seiner Schwester erhielt er früh eine umfassende Bildung. Er studierte Jura und arbeitete anschließend auch als Anwalt. Literarisch erzielte Goethe 1773 und 1774 seine ersten Erfolge mit dem Drama 'Götz von Berlichingen'  sowie dem Briefroman 'Die Leiden des jungen Werther'. 1775 wurde er an den Hof von Weimar geladen und nahm dort administrative Aufgaben wahr, was seine Kreativität belastete. Er befreite sich daraus erst 1786 durch eine zweijährige Reise nach Italien. Ab 1791 leitete er in Weimar als Freund des Herzogs viele Jahre das Hoftheater. Sein Drama 'Faust' von 1808 gilt als das bedeutendste Werk der deutschen Literatur überhaupt. Die hier zu besprechenden acht Bücher 'Wilhelm Meisters Lehrjahre' sind die ersten deutschen Künstler- und Bildungsromane.

Buch:

Dieser Bildungsroman erschien 1796. Die ersten fünf der acht Bücher beziehen sich auf bereits vorher geschriebene Fragmente. Die Fortsetzung 'Wilhelm Meistern Wanderjahre' erschien in den 1820er. Es geht um das Recht auf freie Bildung. Das Werk gilt der Grundtyp des Entwicklungsromans an der Schwelle von Klassik zur Romantik.

Figuren:

Wilhelm, Kaufmannssohn
Mariane, Schauspielerin, seine Geliebte
Werner, sein Freund
Barbara, Dienerin und Vertraute von Mariane
Norberg, junger, reicher Kaufmann, Liebhaber von Mariane
Philine, wandernde Schauspielerin,
Laertes, ihr Begleiter
Herr und Frau Melina, Theaterleute
ein Graf und seine Gräfin, sie die Schwester von Natalie
ein Baron und seine Baronesse
Mignon, ein Zigeunerkind
Augustin, ein Harfner, Vater von Mignon und Bruder des Marchese
Jarno, Mitglied der Turmgesellschaft von Lothario
Friedrich, Liebhaber von Philine, Bruder von Lothario
Serlo, Theaterdirektor
Aurelie, seine Schwester
Lothar(io), Baron, ihr ehemaliger Liebhaber und Vater ihres Sohnes, Soldat, Neffe der Icherzählerin aus dem 6. Buch
Lydie, seine Freundin, später Verlobte von Jarno
Felix, ihr vermeintlicher Sohn
Elmire
Therese, Freundin von Lydie, gerne im Männersachen unterwegs 
Natalie, die Amazone, Schwester von Lothario und der Gräfin sowie Nichte der Icherzählerin und Freundin von Therese
Abbé, Mitglied der Turmgesellschaft Lotharios und früherer Lehrer der vier Geschwister
Marchese, Onkel von Mignon


Inhalt und Rezeption:

1. Buch

Mariane kehrt nach einer Theateraufführung nach Hause zurück, wo ihre ergebene Dienerin Barbara auf sie mit Geschenken des Geliebten Norberg wartet, der in zwei Wochen kommen will. Mariane aber erwartet ihren Geliebten Wilhelm, einen jungen Kaufmannssohn. Dessen Eltern sind mit seinem großen Interesse an Theater nicht einverstanden, worauf Wilhelm zu seiner Mutter sagt:
...aber um 's Himmel willen, ist denn alles unnütz, was uns nicht unmittelbar Geld in den Beutel bringt, was uns nicht den allernächsten Besitz verschafft?"

Mariane erzählt er eines Abends von dem Marionettenspiel aus seiner Kindheit, das seine Liebe zum Theater entfacht hat, langweilt sie aber damit. Wilhelm will selbst auf die Bühne. Sein Freund Werner ist eher auf materiellen Wohlstand aus und empfiehlt Wilhelm, auf seiner vom Vater gewünschten Reise, sich für den Handel zu erwärmen. Wilhelm will auch unbedingt weg, allerdings keinesfalls um sich dem Handel zu widmen, sondern um einer 'neuen, edlern Bahn zu folgen', ergo die von ihm verklärte Schauspielerei. Er geht zu Mariane und eröffnet ihr, er wolle sie alsbald nachholen. Außerdem vermutet er sie schwanger, was sie aber nicht bestätigt. Werner offenbart ihm den wahren Charakter Marianes, Wilhelm will das aber zunächst nicht wahr haben und schreibt ihr vor seiner Abreise einen glühenden Liebesbrief. Als er ihn Mariane geben will, ist diese aber so unruhig, dass er ihn ihr nicht übergibt. Er will abends zurückkehren, nimmt aber vorher ein Halstuch als Erinnerung mit. Abends sieht er einen Mann aus dem Haus von Mariane kommen und findet in ihrem Halstuch einen Zettel des fremden Liebhabers Norberg. Seine heile Welt bricht zusammen.

2. Buch

Genauso leidenschaftlich wie er geliebt hat trauert Wilhelm nun. Er flüchtet sich in Handelsaufgaben und vernichtet seine früheren literarischen Werke. Dann bricht er einige Jahre später doch zu seiner geschäftliche Reise auf und besucht verschiedene Schuldner seines Vaters. Während einer Übernachtung in einem kleinen Städtchen trifft auf eine Gauklertruppe und lernt die Schauspielerin Philine kennen, die an diesem Ort einige Zeit verbringt. Auch das Waisenmädchen Mignon, die zu der Gauklertruppe gehört und die seine Aufmerksamkeit erweckte (vermutlich ein Zigeunerkind), wird ihm vorgestellt. Als es einem Zwischenfall gibt, bei dem einer der Gaukler Mignon verprügelt, schreitet Wilhelm ein und kauft das Mädchen für 30 Taler. So etwas wäre heute natürlich unvorstellbar. Es wird zwar bisher nicht gesagt, wann diese Geschichte spielt, aber wenn es zu Lebzeiten Goethes sein soll, dann wäre das schon verwunderlich. 

In eben dieses Städtchen reisen weitere Schauspieler, die Wilhelm von früher kennt, wobei er dann auch wenig Nettes über Mariane erfährt. Diese sei vor drei Jahren schwanger gewesen, vermutlich mit Wilhelms Kind, hat deshalb ihre Anstellung verloren. Die Ausflüge und Gespräche mit den Schauspielern verlieren sich etwas ins Belanglose, es plätschert dahin. Eine Party artet etwas aus, Wilhelm darf den Schaden bezahlen und will eigentlich weiterreisen. Aber er lässt sich immer sehr schnell wieder von Philine bezirzen, sie und die anderen wollen von seinem Geld profitieren. So stimmt er zu, dass die Melinas die Ausstattung eines alten Theaters erwerben.

3. Buch

Ein Graf und seine Gräfin engagieren die Schauspieltruppe zur Unterhaltung für den erwarteten Besuch eines Fürsten. Voller Vorfreude auf exquisite Kost und Logis fährt man zu dem Schloss, um feststellen zu müssen, das man leider im unbewohnten und kalten alten Schloss werde nächtigen müssen und generell von oben herab behandelt wird. Dennoch bleibt die Truppe viele Tage dort und bereitet die Aufführung eines Stückes des Barons vor und die Mitglieder haben diverse Kontakte/Liebschaften zu den Adeligen. Allerlei Verwicklungen folgen. Wilhelm fühlt sich zur Gräfin hingezogen, nach einem innigen Kuss bittet die Gräfin ihn, schnell zugehen, wenn er sie liebe.

4. Buch

Der Graf musste mit seiner Entourage kriegsbedingt abreisen, so dass auch die Schauspieltruppe weiterreist. Bei den Überlegungen, wie es für sie nun weitergehen soll, beschließt man zunächst, sich selbst künftig 'demokratisch' zu organisieren. Während der Weiterreise wird die Gruppe von Dieben überfallen und ausgeraubt, Wilhelm wird angeschossen. Zur Hilfe kommt eine schöne Amazone, die Baronesse Natalie mit ihrem Onkel und einem Arzt im Gefolge. Seinen verärgerten Gruppenmitgliedern, die alles verloren haben, verspricht Wilhelm Hilfe. Nach seiner Genesung macht sich Wilhelm auf die Suche nach seiner Retterin, in der er viel Ähnlichkeit mit der Gräfin sieht, findet sie aber zunächst nicht. 

Er reist weiter und trifft den Theaterdirektor Serlo (dem er vor einiger Zeit die Melinas empfohlen hatte und von denen Serlo nichts hält) sowie dessen Schwester Aurelia. Auch Philine ist schon in diesem Ort und hat sich wie für sie typisch bei Serlo eingeschmeichelt und allerhand Intrigen im die Wege geleitet. Aurelia zieht Wilhelm ins Vertrauen über Ihr Leben, ihr Gefühle und ihr Verlassenwerden, auch wundert sie sich über Wilhelm, der bei der Analyse des 'Hamlet' tiefste Einsichten in das Wesen der Menschen offenbart, in seinem eigenen Leben aber sehr naiv sei. Und die Geschichte Serlo's, sein Weg zur Bühne wird skizziert.

5. Buch

Wilhelm erhält von Werner die Nachricht vom Tode seines Vaters. Er reflektiert traurig seine Situation, weiß nicht so richtig, was er nun tun soll und fühlt sich unreif, nämlich zu sehr den Meinungen einzelner Personen aus seinem Umfelde zu folgen statt selbst einen klaren inneren Kompass zu haben. Werner will nun gleich Wilhelms Schwester heiraten und das Haus des Vaters verkaufen, um davon ein Landgut zu kaufen, in das dann Wilhelm nach seiner Rückkehr einziehen soll und es bewirtschaften soll, was ja seinen Fähigkeiten entspräche, wie man dem (allerdings fingierten) Berichte Wilhelms an seinen Vater entnehmen könne. Wilhelm antwortet, dass es ihn unverändert auf die Bühne treibt, so will er den Edelmännern näher sein als den einfachen Bürgern, mit dem bürgerlichen Leben kann es nichts anfangen, er gesteht auch die Fälschung des Berichtes über seine Handelsaktivitäten. Wilhelm und seine ganze Laienschauspieltruppe schließt sich nun Serlo an.

Man will Hamlet aufführen. Hier wird es dann etwas langatmig, etwa in der Diskussion, wie viel man das Stück kürzen solle und in den Betrachtungen zur Rolle der Schauspieler im Verhältnis zu dem Drama. Endlich findet die Aufführung erfolgreich statt, danach gibt es eine zünftige Feier und nach reichlich Alkoholgenuss findet Wilhelm in seinem Bette eine schöne Unbekannte vor, Philine? Im Gasthaus der Gruppe entsteht ein Feuer, alle können sich retten, der Harfenist ist aus ungeklärter Ursache dem Wahnsinne nahe und hätte beinahe den kleinen Felix geopfert, er wird einem Landgeistlichen übergeben.

Philine hat eine Bekannte zu Gast, in der Wilhelm Marian zu erkennen glaubt. Er demütigt sich selbst, indem er dieser verzeihen will, dass er sie verlassen hat, aufgeklärt wird die Identität aber nicht. Statt dessen sind Philine und ihre Begleitung am nächsten Tag verschwunden. Die Stimmung in der Theatergruppe wird schlechter, Serlo und Herr Melina überlegen gar, wie sie Wilhelm loswerden können und künftig einen höheren Profit erzielen könnten. Aurelie erkrankt und stirbt kurz darauf. Doch noch auf dem Sterbebett liest ihr Wilhelm aus einem Text vor und nimmt den Auftrag entgegen, dem ehemaligen Geliebten Aurelies einen Brief persönlich auszuhändigen.

6. Buch - Bekenntnisse einer schönen Seele

Diese Erzählung ist ein Einschub während der Abwesenheit Wilhelms. Eine Ich-Erzählerin berichtet von ihrem Leben, sie war jung sehr krank, flüchtete sich in Bildung (seinerzeit ungewöhnlich für junge Frauen; "ein Frauenzimmer müsse sein Wissen heimlicher halten als der Kalvinist seinen Glauben im katholischen Lande") und lernt einige Jahre später einen jungen Mann namens Narziß kennen. Nach einigen Wirrungen bittet dieser um ihre Hand. Sie genießt die Zeit mit ihrem Bräutigam ("Ich war glücklich, wie man es in der Welt sein kann, das heißt auf kurze Zeit."), wendet sich aber gleichzeitig innerlich stärker der Religion zu und zweifelt an der Beziehung, die dann auch später beendet wird. Die böhmisch-christliche Glaubensgemeinschaft der Herrnhuter leitet sie dabei. Nun fokussiert sie sich verstärkt auf diesen Glauben, den sie tief in ihrem Inneren empfindet. Dennoch entwickelt sich eine Freundschaft zu einem Mann namens Philo, die aber schließlich nicht weiter ausgeführt wird. Ihr Leben geht weiter, die Schwester heiratet auf Initiative ihres geschätzten Onkels, der Vater verstirbt, dann auch ihre Schwester bei der Geburt des vierten Kindes. Sie, die körperlich oft Kranke, lebt noch immer, fokussiert auf ihre Religion und ihre Seele und in der Erkenntnis, das Innere und die Gesinnungen wichtiger sind als die Äußerlichkeiten.

Interessant, diese Geschichte aus der Sicht einer Frau zu erzählen, die weibliche Sicht im Gegensatz zu der sonst männlichen Wilhelms. Schön herausgearbeitet wird der eigene Wille der Erzählerin, sie will über ihr Leben entscheiden und sich nicht einfach gegen ihren Willen in eine Ehe flüchten, von der sie am Ende nicht mehr überzeugt war. Das ist doch für die Zeit Goethes ein modernes Frauenbild. Die schöne Seele dient als Symbol des Ideals des Menschenbildes.

7. Buch

Wilhelm reist zu Lothar(io), um ihm die Nachricht der verstorbenen Freundin Aurelie zu übermitteln. Dieser nimmt den Brief zunächst kommentarlos zur Kenntnis, bevor er am nächsten Morgen in einem Duell verletzt wird. In dem Schloss Lotharios findet er auch Jarno wieder, den er noch aus der Theaterzeit in der Burg des Grafen kennt und der ihn seinerzeit auf Shakespeare gebracht hat. Um die Genesung Lotharios nicht zu gefährden, soll seine Geliebte Lydie das Schloss verlassen, Wilhelm wird in diese kleine Intrige eingebunden, in dem er sie auf einer kleinen Reise und der Suche nach ihrer Freundin Therese begleitet und allerhand Verzögerungen bewirkt. In Therese hofft er, seine Amazone wiederzufinden, weshalb er dem Spielchen zustimmte, sie ist es dann aber doch nicht. 

Dennoch gefällt sie ihm gut und sie erzählt ihm ihre Lebensgeschichte, ihre unglückliche Liebe zu Lothario, die Ehe kam nicht zustande, weil Lothario schon mit ihrer Mutter eine Beziehung hatte. Auf Initiative von Therese holt Wilhelm dann die Kinder Mignon und Felix ab, die bei der ehemaligen Dienerin von Mariane sind (warum eigentlich, das ist wohl nicht weiter wichtig). Dabei erfährt er dann, dass Mariane ihm doch treu war und die Avancen von Norberg seinerzeit zurückwies sowie, dass Felix sein Sohn sei und nicht der von Aurelie und Lothario, was er zunächst gar nicht glauben mag. Und er schwört dem Theater ab. Zum Ende diesen Buches wird es dann etwas mysteriös. Seine Freunde bitten ihn in einen bisher für ihn nicht zugänglichen Teil der Burg, wo er einen Lehrbrief erhält. Dies könnte man als Anspielung auf die Aufnahme in eine (Freimaurer)Loge interpretieren. "Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste.", so steht es darin und man hält Wilhelm nun für reif genug, diesen Geist zu finden. Seine Lehrjahre seien nun beendet.

8. Buch

Wilhelm sucht nach einer Frau fürs Leben und einen Mutterersatz für Felix und macht daher Therese schriftlich einen Antrag. Während er noch auf die Antwort wartet wird er aber zu Natalie gerufen, da es Mignon schlecht geht, er fährt mit gemischten Gefühlen dorthin, trifft dann aber dort auf seine Amazone, als die sich Natalie entpuppt. Mignon geht es schlecht, weil ihr Herz schwer ist, begründet in ihrer Kindheit, in der sie aus Italien entführt wurde sowie aus Eifersucht auf die schön Unbekannte, mit der Wilhelm nach der Aufführung des Hamlet geschlafen hatte, als auch Mignon sich heimlich zu ihm schleichen wollte. Über Natalie gibt Therese ihre Zustimmung zur vernunft-getriebenen Heirat. Dann kommt Jarno und verkündet, Therese sei doch nicht die Tochter ihrer vermeintlichen Mutter, so dass einer Beziehung zu Lothario nichts mehr im Wege stünde. Therese will zunächst aber doch Wilhelm heiraten und eilt zu ihm. Wilhelm ist aber eigentlich in Natalie verliebt. Dann stirbt Mignon, auf deren Bestattungsfeier der Marchese (Freund des Onkels von Lothario) sie plötzlich als seine Nichte erkennt, sie war die Tochter seines Bruders und seiner Schwester, Ergebnis einer unwissentlichen Inzucht. Die längere Geschichte dazu und das weitere Schicksal des Harfners lassen wir hier mal weg. Zum Ende wird dann aber alles gut, es soll eine Doppelhochzeit geben, Lothario heiratet Therese und Wilhelm soll Natalie heiraten.


Lesespaßfaktor:

Auch über 200 Jahre nach dem Erscheinen besticht dieser Roman durch seine wunderschöne Sprache. Goethe flechtet viele Lebensweisheiten ein, die er seine verschiedensten Figuren sagen lässt. Vordergründig geht es zunächst um die Liebe Wilhelms zum Theater, schon bald wird aber der Widerspruch zwischen der Naivität des liebenden und sich für das Theater begeisternden Wilhelm und der harten Realität, im Handel, aber auch im Theater deutlich. Wahre Erkenntnis gewinnt man nur, indem man seinen Geist schult und dann das Richtige tut. Es gibt viele Bezüge zu Shakespeares Drama Hamlet, da hilft es für das Verständnis dieses Buches, wenn man auch den Hamlet gelesen hat.

Die großen Gefühle kommen immer sehr schnell. Kaum hat man jemanden kennengelernt, entflammt schon die große Liebe. Es menschelt aber auch zwischen den zahlreichen Figuren. Treue, Fremdgehen, Hintergehen, Verläumdungen, alles kommt in der Goethe'schen Romanwelt vor, zumal fast alle Figuren irgendwie miteinander zu tun haben, was aber sehr oft erst nach und nach enthüllt wird.

Goethe ist zwar bei seinen Figuren, aber dennoch als Erzähler immer irgendwie distanziert oder besser über ihnen stehend, er ist der Allwissende. Wilhelm ist der Suchende und die sich entwickelnde Persönlichkeit, Lothario wird als der perfekte Mensch dargestellt, alle lieben ihn. Und so hat jede Figur eine klar definierte Persönlichkeit und Rolle, aber sie wirken dadurch auch holzschnittartig. Daher wirkt der Roman auch eher wie sehr langes ein Theaterstück, die Figuren treten auf und wieder ab. Interessant ist dabei, dass Goethe doch den Frauen eine durchaus gleichberechtigte Rolle zuweist und vielen weiblichen Figuren Lebensweisheit und Bildung zubilligt.

Ich finde, dass das Buch dem Leser auch heute noch eine Menge mitgibt, auch wenn der Roman eher nicht die präferierte Erzählform Goethes war oder es zumindest in dieser Form vorher kaum Referenzpunkte gab, so dass dieses Genre nicht so klare Strukturen hatte wie vorher das klassische Versepos. Ich werde aber sicherlich auch die Fortsetzung Wilhelm Meisters Wanderjahre lesen.

Freitag, 9. April 2021

Albert Camus - Die Pest

 

Autor:

Camus wurde 1913 im heutigen Algerien geboren, er ist einer der wichtigsten französischen Autoren des 20. Jahrhunderts und war auch Philosoph und Religionskritiker. Sein Vater verstarb an den Folgen einer Kriegsverwundung 1914, er wuchs in sehr ärmlichen Verhältnissen in Algier auf. Nach dem ersten Teil seines Abiturs und einer Tuberkuloseerkrankung lebte er eine Zeit bei einer Tante in Algier und bereitete sich dort auf den zweiten Teil vor. Das Studium der Philosophie begann er dann ebenfalls in Algier. Dort politisierte er sich und wurde Mitglied der Kommunistischen Partei, die 1935 auch die Wahlen gewann. Für ein linkes Theater schrieb er dann sein erstes Stück. Er heiratete eine Kommilitonin, die Ehe war schwierig, seine Frau wurde drogenabhängig, woraufhin er sie schließlich verließ. Im Krieg lebte er als Lektor in Paris und schloss sich dem Widerstand gegen die deutsche Besatzung an. In dieser Zeit schrieb er das hier zu besprechende Buch. 1957 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Camus starb relativ jung 1960 bei einem Autounfall.

Montag, 5. April 2021

James Joyce - Ulysses

 

Autor: 

Joyce wurde 1882 in Dublin geboren und war einer der wichtigsten Schriftsteller der Moderne. Ab 1898 studierte er moderne Sprachen und im Jahr 1900 verfasste er seine ersten Texte. Am 16. Juni 1904 traf er seine spätere Lebensgefährtin zum ersten Mal. Für 10 Jahre lebten beide in Triest und er unterrichtete dort Englisch. Dort traf er  auch den Schriftsteller Italo Svevo, mit dem ihm eine lange Freundschaft verband und der als eine Inspiration für die Hauptfigur im Ulysses gilt. Einige Jahre später traf der in Zürich auf die Verlegerin Harriet Weaver, die ihn jahrelang auch finanzielle unterstützte. Er starb 1941 in Zürich an den Folgen eines Darmgeschwürs, wohl auch Ausdruck eines lebenslangen Alkoholmissbrauchs. 

Sonntag, 21. März 2021

Michael Ende - Die Unendliche Geschichte

 


Autor:

Michael Ende lebte von 1929 bis 1995. Bekannt ist er vor allem als Autor von Jugendbüchern. Nach seinem Abitur besuchte er eine Schauspielschule und wurde eine Zeit lang Schauspieler an Regionaltheatern. Parallel verfasste er Texte für das Kabarett und Filmkritiken für Zeitungen. Sein erstes erfolgreiches Jugendbuch Ende der 1950er Jahre war 'Jim Knopf und der Lokomotivführer', wofür der Deutschen Jugendliteraturpreis gewann. Seine Werke für Erwachsene wurden von Kritikern nicht goutiert, was Ende frustrierte, er zog nach Italien. 1979 schrieb er das hier zu besprechende Werk, sein größter Erfolg, nur mit dessen Verfilmung war er nicht einverstanden.

Mittwoch, 10. März 2021

Gabriel Garcia Marquez - Die Liebe in den Zeiten der Cholera


Autor: 

Gabriel Garcia Marquez wurde 1924 in Kolumbien als ältestes Kind in eine Großfamilie mit 11 Geschwistern geboren, wuchs aber zunächst bei den Großeltern väterlicherseits auf. Auf Wunsch der Eltern studierte er zunächst Jura, gab das Studium aber aus Langeweile auf. Ab 1954 arbeitete er als Journalist, wobei er auch viel reiste. Für Fidel Castro schrieb er ein Buch über die Erfolge der Revolution und wurde ein enger Freund von ihm, was ihm viel Kritik einbrachte, politisch war er aber selbst immer Sozialist. Sein literarischer Durchbruch kam 1967 mit dem Roman 'Hundert Jahre Einsamkeit'. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Mittwoch, 24. Februar 2021

Ernest Hemingway - Der alte Mann und das Meer

 

Autor: 

Ernest Hemingway wurde 1899 in Oak Park, Illinois geboren und war einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Für die hier zu besprechende Novelle erhielt er 1953 den Pulitzer Preis, ein Jahr später dann für sein Werk den Literatur Nobelpreis. Er war auch Kriegsberichterstatter und Abenteurer und viel unterwegs. Mit zahlreichen bedeutenden Autoren seiner Zeit war er befreundet. Er diente im ersten Weltkrieg, wo er schwer verletzt wurde. Anschließend war er viel in Europa unterwegs, auch auf Safaris in Afrika. Viele Jahre lebte er auf Kuba. Sein Leben war von Alkoholabhängigkeit und Depressionen geprägt. 1961 erschoss sich Hemingway, bereits durch Krankheiten gezeichnet.

Dienstag, 23. Februar 2021

Don DeLillo - Unterwelt

 


Autor: 

Don DeLillo wurde 1936 im Stadtteil Bronx in New York City in eine katholische Arbeiterfamilie italienischen Ursprungs in einfache Verhältnisse geboren. Nach seinem Studium arbeitete er einige Jahre als Texter bei einer Werbeagentur, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Er wird ähnlich wie Foster Wallace der Postmoderne zugerechnet. Außerdem ist er anscheinend auch seit Jahren ein Kandidat für den Literatur Nobelpreis.

Montag, 1. Februar 2021

Alexander Solschenizyn - Der Archipel Gulag (Band I)


Autor:

Solschenizyn wurde 1918 in einer mittelgroßen Stadt im nördlichen Kaukasus geboren. Schon früh wollte er Schriftsteller werden, aber aus finanziellen Gründen studierte er nach dem Abitur zunächst Mathematik und Physik. Er war in jungen Jahren Anhänger von Lenin. Im zweiten Weltkrieg war er Soldat in der Artillerie und verfasste über seine Erfahrungen erste Gedichte. Weil er in privaten Briefen Kritik an Stalin geäußert hatte, wurde er 1945 verhaftet und zu 8 Jahren Haft mit anschließender Verbannung verurteilt. Die Haftzeit verbrachte er im Gulag (Begriff für die Gesamtheit der sowjetischen Lager). Über seine dortigen Erlebnisse schrieb er einen Roman und eben das hier besprochene Hauptwerk, für das er erneut verhaftet und nach Deutschland abgeschoben wurde. Trotz schwerer Krebserkrankungen und eines Giftanschlags wurde er 89 Jahre alt. Sein Spätwerk sah sich antisemitischen Vorwürfen ausgesetzt. 1970 erhielt Solschenizyn den Nobelpreis für Literatur.

Mittwoch, 20. Januar 2021

William Shakespeare - Hamlet (Die Tragödie Hamlets, des Prinzen von Dänemark)

In der Schule im Englisch Unterricht haben wir damals irgendein Stück von Shakespeare gelesen und das, obwohl es nur ein Grundkurs war. Konsequenz war, dass es mich völlig abgeschreckt hat, weil ich das Englisch aus der damaligen Zeit schlicht und einfach nicht verstanden habe und zusätzlich gibt es im Alter von 17 oder 18 sicherlich Interessanteres zu lesen. Aber die großen Dramen von Shakespeare gehören natürlich zur Weltliteratur und viele Jahre nach dem Abitur habe ich mir mal bei Zweitausendeins das Gesamtwerk in 3 Bänden in der Übersetzung von Erich Fried gekauft und sporadisch das eine oder andere Stück gelesen. Inspiriert von David Foster Wallace (siehe https://draft.blogger.com/blog/post/edit/6490043978998660226/2491347435155523966) habe ich mich nun für die Lektüre von 'Hamlet' entschieden.



Autor: 

Die Biografie ist lückenhaft. Shakespeare wurde 1564 in Startford-upon-Avon geboren, sein Vater war Handschuhmacher und Gerber und damit ein geachteter Bürger der damaligen Zeit. Er ging wahrscheinlich zu einer schulgeldfreien, aber guten Schule und lernte dort u.a. Latein. 1582 heiratete Shakespeare eine anscheinend 6 Jahre ältere Bauerntochter namens Anne Hathaway, mit der auch einige Kinder hatte. Bekannt ist, dass er 1592 als Schauspieler und Drmatiker in London bereits einen Namen hatte. Als Theaterunternehmer verdiente er viel Geld und konnte sich ein großes Haus in seiner Geburtsstadt kaufen. In London soll er einen eher lockeren Lebenswandel gepflegt haben. Er starb 1616

Buch:

'Hamlet' erschien 1601 oder 1602, im Jahr des Todes seines Vaters oder kurz danach also. Es basiert auf Stoff aus dem Mittelalter (12. Jh.) des dänischen Autors Saxo Grammaticus. Hamlet gilt als skeptischer Mensch an der Schwelle zur Neuzeit, der erkannt hat, dass die Verfolgung einer reinen Idee in der Wirklichkeit nicht funktionieren kann.

Samstag, 16. Januar 2021

Yukio Mishima - Der Goldene Pavillon

 

Autor: 

Yukio Mishima, geboren 1925 und gestorben 1970 in Tokio, war ein japanischer Schriftsteller, Schauspieler und Model, der neben Romanen auch Gedichte, Erzählungen, Bühnenstücke und ein Libretto schrieb. Er gilt als einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Er hat sich auch politisch engagiert und war ein erklärter Gegner des zunehmend westlichen Einflusses auf die japanische Kultur. Mit Mitglieder einer von ihm begründeten Miliz unternahm er 1970 einen Putschversuch, um die Monarchie wieder an die Macht zu bringen. Nach dem Scheitern dieses Putschversuches beging Mishima Selbstmord.1968 sollte Mishima den Nobelpreis für Literatur erhalten, der aber aus politischen Gründen zurückgezogen wurde. Seine politische Einstellung erklärt sich durch die Erziehung durch seine Großmutter, die im Kaiserhaus aufwuchs. Insbesondere sein Vater war strikt gegen seine Hinwendung zur Literatur, die ihm als zu wenig männlich galt.

Mittwoch, 13. Januar 2021

David Foster Wallace - Unendlicher Spass

 



Autor: 

David Foster Wallace wurde 1962 im Bundesstaat New York geboren. Er wuchs auf dem Lande in Illinois auf und war nach seinem Studium mit Abschluss in Kreativem Schreiben zuletzt Hochschullehrer für Literatur und Kreatives Schreiben an einer Universität in Kalifornien. Er litt unter schweren Depressionen, hat früh Marihuana geraucht und war alkoholabhängig. Im Alter von nur 46 Jahren beging er Suizid. Als Jugendlicher hat er selbst erfolgreich Tennis gespielt. 

Buch:
Dieses Buch ist das opus magnum von Foster Wallace. Es kann der Postmoderne zugerechnet werden. Erschienen ist es 1996, aufgrund der enormen Länge und sprachlichen Komplexität erschien die deutsche Übersetzung erst 2009. Für dieses Buch gibt es einen eigenen deutschsprachigen Eintrag bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Unendlicher_Spaß)