Dienstag, 24. August 2021

Jean d'Ormesson - Die Legende vom Ewigen Juden

 



Autor: 

Jean d'Ormesson wurde 1925 in Paris geboren. Er war Journalist, Schriftsteller und Literaturkritiker. Sein Vater war Diplomat und hat während des zweiten Weltkrieges zahlreichen Juden zur Flucht aus Deutschland geholfen. Er schrieb mehrere Romane, wovon 'La Gloire de l'Empire' und 'Au Plaisir de Dieu' (deutsch "Wie es Gott Gefällt') aus den 1970er Jahren besonders erfolgreich waren. D'Ormesson stammt aus einer relativ bedeutenden und reichen Familie und hat in Frankreich neben seinen journalistischen Tätigkeiten auch Politiker beraten. Er starb 2017.

Buch:

Dieses Buch aus dem Jahr 1990 habe ich vor vielen Jahren bereits einmal gelesen und es hat mir damals herausragend gut gefallen. In den 1990er Jahren vor der Verbreitung des Internets habe ich daher mit recht großem Aufwand ein eigenes Exemplar in der deutscher Übersetzung von 1992 gesucht und schließlich in einem Antiquariat gefunden. Allerdings habe ich das Buch seither nicht erneut gelesen und bin daher nun gespannt, ob sich die gleiche Begeisterung wie vor knapp 30 Jahren einstellt. 

Legende des ewigen Juden (Auszug aus Wikipedia)

Der Ewige Jude (auch Wandernder Jude) ist eine Figur aus christlichen Volkssagen, die im 13. Jahrhundert entstand. Die Erzählungen thematisierten ursprünglich einen Menschen unbekannter Herkunft, der Jesus Christus auf dessen Weg zur Kreuzigung verspottete und dafür von diesem verflucht wurde, unsterblich durch die Welt zu wandern. Das anonyme deutschsprachige Volksbuch vom Ewigen Juden, gedruckt erschienen in Leiden 1602, machte aus dieser Figur einen Juden und gab ihm den Namen Ahasveros (Ahasverus, eine Anspielung auf einen persischen König). Diese Variante verbreitete sich in ganz Europa. Die Leidener Legende geht auf ältere Vorbilder zurück: In den ältesten Versionen war jedoch noch nicht von einem Juden die Rede: Dort hieß der ewige Wanderer Cartaphilus und soll ein – wahrscheinlich römischer – Torwächter des Pilatus und einer der Soldaten gewesen sein, die Jesus zur Kreuzigung führten. Die Figur des ewig durch die Zeiten wandernden Juden ging in den verschiedenen Ländern unter verschiedenen Namen (Cartaphilus, Buttadeus, Mattathias, Paul Marrane und andere in die Volkssagen ein. In Frankreich ist der Name Isaac Laquedem geläufig, sowohl aus Legenden als auch aus einer Novelle von Alexandre Dumas.

Hauptfiguren:

Ahasverus (zur Zeit Jesus), Schuster in Jerusalem
Cartaphilus (zur Zeit Neros im 1. Jh.), Mitglied der Leibgarde Neros
Demetrios (zur Zeit der Westgoten unter seinem Anführer Alarichs im frühen 5. Jh.)
Hiuan-tsang, (zur Zeit Buddhas im China des 7. Jh., Meister des Gesetzes)
Giovanni Buttadeo (zur Zeit Franz von Assisi im 12. Jh.)
Juan de Espera en Dios oder Luis de Torres (zur Zeit von Kolumbus im 15. Jh.)
Isaak Laquedem oder Julien Potelin (zur Zeit der franz. Revolution im 18. Jh. und zur Zeit Chateaubriands im frühen 19. Jh.)
Simon Fussgänger (in der Gegenwart in Venedig)
Renan, Icherzähler
Marie, seine Freundin

Inhalt und Rezeption:

Ahasverus ist Schuster in Jerusalem und unglücklich, weil unerwidert, verliebt in Myriam (=Maria) von Magdala, die sich wiederum reichen Männern als Kurtisane anbietet. Beim Würfelspiel mit dem alten Cartaphilus, dem Türhüter des Statthalters Pontius Pilatus, gewinnt er und wird zunächst dessen Stellvertreter und soll nach dem Tod den Job übernehmen, weswegen die Menschen ihn ihn als den Sohn betrachten und ihm daher ebenfalls den Namen Cartaphilus geben. Myriam verlangt von ihm, zu Pontius Pilatus vorgelassen zu werden, um ein gutes Wort für ihren Herrn und Meister (Jesus) einzulegen, der gekreuzigt werden soll. Da aber Ahasverus tief enttäuscht ist, dass seine geliebte Myriam wieder nichts vom ihm will, sondern den einen Juden aus Galiläa (Jesus von Nazareth) bei Pontius Pilatus freibekommen will, unterstützt er die Freilassung von Barabbas statt der von Jesus. Der wird dann zur Kreuzigung geführt und kommt auf seinem Weg dorthin erschöpft am Schusterladen von Ahasverus vorbei, der wiederum, als er erkennt, dass es sich um den von Myriam geliebten Jesus handelt, diesem ein Glas Wasser und eine kurze Rast verweigert. Das ist dann der Beginn des Fluches, den Jesus über ihn verhängt

Entlang der biblischen Geschichte wird hier der Ursprung der Legende vom ewigen Juden erzählt. Warum allerdings der sonst immer gutmütige Menschenfreund Jesus hier einen anderen verflucht, das ist dann doch etwas unlogisch. 

Im folgenden werden dann verschiedene Geschichten an verschiedenen entscheidenden Zeitpunkten der Weltgeschichte erzählt.

Aus Rache an den Römern, denen er die Verantwortung für den Tod Jesus zuschreibt, ist Cartophilus über die Geliebte und spätere Frau Neros, Poppaea daran beteiligt, als Nero Rom in Flammen aufgehen lässt und dies dann den Christen in die Schuhe schiebt. Im Jahr 410 berät er den Westgotenanführer Alarich, Rom zu plündern statt zu vernichten, Als er kurze Zeit später stirbt, soll die Beute zusammen mit Alarich in Cosenza unter einem Fluss begraben worden sein. Bei der Gründung des Franziskanerordens in Assisi ist der ewige Jude ein Berater des Vaters und wird zum Freund und Ratgeber für Franz von Assisi. Beider Entdeckung Amerikas ist er als Berater und Dolmetscher von Kolumbus auf der Entdeckungsreise dabei und natürlich entscheidend am Erfolg beteiligt. Als Reisebegleiter des Schriftstellers Chateaubriands reist er mit ihm durch Europa und flüstert ihm viele seiner Erkenntnisse zu und er begleitet ihn zu einem Treffen mit seiner Geliebten nach Spanien. Daneben gibt es noch viele kleinere und größere Ereignisse, an denen er beteiligt ist, etwa als Kurier im Russlandfeldzug Napoleons, oder aber in China auf der Suche nach dem Schatten Buddhas.

Lesespaßfaktor:

Das Buch ist ein Parforceritt durch die Geschichte der Menschheit. Zu Beginn gibt es viele, zunächst schwer einzuordnende zeitliche Sprünge von der Zeit Jesu ins 15. Jh. zur Entdeckung Amerikas, in die Zeit Franz von Assisis (12. Jh.) und in das heutige Venedig. Der Text ist teilweise im Stil des antiken Theaters geschrieben, teilweise interpunktionslos wie ein atemlos gesprochener Text.

Die Faszination der ersten Lektüre von vor gut 20 Jahren stellt sich bei mir nicht mehr so ein. Die Identifikation mit den Figuren gelingt nicht. Der Autor schüttet sein umfassendes geschichtliches und kunsthistorisches Wissen aus, etwas zu viel und manchmal mit dem unsichtbar erhobenen Zeigefinger, in dem Sinne seht her, was ich alles weiß. Irgendwann verschwimmen all die genannten Namen ineinander und es wird dann auch zunehmend langatmig, um nicht zu sagen langweilig, etwa in der Geschichte der Beziehung von Chateaubriand mit Natalie de Noailles. 

Aber -auch wenn es nicht immer um die letzte historische Genauigkeit geht- es werden auch schöne Legenden verarbeitet, durchaus schön erzählt, aber ohne einen überzeugenden eigenen literarischen Anspruch zu zeigen.


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