Donnerstag, 2. Juni 2022

Max Frisch - Stiller

 

Autor: 

Max Frisch wurde 1911 in Zürich geboren und verstarb ebendort knapp 80 Jahre später. Er waren neben seiner Autorentätigkeit auch als Architekt tätig. Bekannt wurde er durch Theaterstücke sowie drei bedeutende Romane, zu denen der hier zu besprechende zählt. Erst nach seinen ersten literarischen Erfolgen widmete er sich ganz dem Schreiben, verliess dafür sogar seine Familie. Kernpunkt vieler seiner Werke ist die Suche nach der eigene Identität sowie der Bilder, die andere von einem haben. 


Buch:

Stiller ist der erste der drei großen Romane Frischs und erschien 1954.  Der Roman, der Elemente des Kriminalromans mit einem authentisch wirkenden, tagebuchartigen Erzählstil verbindet, wurde zu einem kommerziellen Erfolg und brachte Frisch eine breite Anerkennung als Schriftsteller ein. Zugleich lobte die Kritik die komplexe Konstruktion und Perspektive sowie die Verbindung von philosophischen Einsichten mit autobiografischen Erfahrungen. Die These der Unvereinbarkeit von Kunst und Familie wird hier thematisiert. 

Das Buch war das erste des Suhrkamp Verlages, das eine Millionenauflage erreichte!

Hauptfiguren:

Anatol Ludwig Stiller, Bildhauer, alias James Larkin White
Julika Stiller, Tschudy, ehemalige Balletttänzerin, Stiller Ehefrau
Knobel, Wärter im Gefängnis
Dr. Bohnenblust, sein Anwalt
Rolf, Staatsanwalt
Sibylle, seine Frau



Inhalt und Rezeption:

Da ich dieses Buch während einer Reise nach Spiekeroog gelesen habe, und dabei leider keine Notizen gemacht habe, beschränke ich diesen Teil daher auf das Wesentliche. 

Der Protagonist des Romans, Anatol Ludwig Stiller reist in die Schweiz ein und wird aufgrund falscher amerikanischer Papiere verhaftet. Die Behörden sehen in ihm den als vermisst gemeldeten Stiller, er behauptet aber zunächst, ein anderer zu sein, aber im Zuge eines Gerichtsverfahrens und zahlreicher Gegenüberstellungen wird er jedoch gezwungen, seine ursprüngliche Identität als Schweizer Bildhauer wieder anzuerkennen. Bis zu ihrem Tod lebt er daraufhin wieder mit seiner Ehefrau zusammen, die er in seinem früheren Leben verlassen hatte.

Im Mittelpunkt steht seine Ehe, ausführlich beschreibt Frisch beide Sichtweisen und beider Unfähigkeit, wirklich zueinander zu finden. Er ist egozentrisch und immer unsicher, den Erwartungen anderer zu genügen, sie ist leidenschaftliche Tänzerin, kann aber auf Stiller nicht wirklich eingehen. Als sie wegen einer Tuberkuloseerkrankung nach Davos zu Kur muss, stürzt Stiller sich in eine Affäre mit Sybille und flüchtet schließlich nach dem Scheitern dieser Beziehung ganz aus der Schweiz.

Nach seiner Rückkehr als vermeintlich jemand anderes sieht Stiller aus den Schilderungen der anderen (Ehefrau, Bruder) seinem Ich von damals gegenüber, dem er entfliehen wollte. Daher leugnet er auch lange, der Gesuchte wirklich zu sein und lebt sogar in seiner vermeintlich neuen Identität wider mit seiner Frau zusammen, diesmal verstehen sie sich besser. Ich war mir während der Lektüre lange nicht sicher, ob White wirklich Stiller ist, das ist stark geschrieben, wie erst Schritt für Schritt sich die Identität beider Personen übereinander legt.

Nach dem Ende des Prozesses lebt Stiller mit seiner Frau abgeschieden in einem schweizerischen Dorf. Er pflegt seine Freundschaft zu Rolf. Nur durch diesen erkennt er schließlich, dass seine Frau sterben wird, da die Tuberkulose erneut ausgebrochen ist. Der neue Stiller gibt sich die Schuld daran, weil er seine Frau nicht wirklich lieben konnte.

Lesespaßfaktor:

Ein tolles Buch! Es geht um menschliche Beziehungen, die eigene Identitätssuche und um die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft. Der Roman, aus der Ich Perspektive erzählt, und in sieben einzelne Bücher, die er im Gefängnis geschrieben hat sowie einem Nachwort durch den Staatsanwalt, das die Zeit danach umfasst, weist großen psychologischen Tiefgang auf. Frisch spürt seinen Figuren intensiv nach und interessiert sich wirklich für sie. Einige kleinere Geschichten sind geschickt eingebaut, u.a. diejenige des echten White, der tatsächlich due größte Höhle der USA entdeckt hat, die Carlsbad Caverns. 


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