Mittwoch, 11. November 2020

John Banville - Athena














Autor: 

John Banville ist ein bedeutender irischer Schriftsteller und ehemaliger Literaturredakteur der Irish Times. Er schreibt seit vielen Jahren Kurzgeschichten und Romane sowie unter einem Pseudonym auch Krimis und wurde für seine Werke mehrfach ausgezeichnet. Er wird literarisch zwischen den Granden der irischen Literatur, Samuel Beckett und James Joyce verankert. In seinen Werken geht es nicht nur um eine einfache Abfolge von Handlungen, diese werden eingebettet in Betrachtungen über die Realität und die Frage, was ist die Realität und was ist sie nicht?

Buch:

'Athena' ist der Abschluss einer Romantrilogie namens "The Frames", zu der noch 'Das Buch der Beweise' sowie 'Geister' gehören. Dies wird allerdings bei der Lektüre des hier vorgestellten Werkes gar nicht deutlich und meine Beurteilung des Buches erfolgt demnach ohne die Kenntnis der ersten beiden Werke. Es erschien im Jahr 1995 und kann der Postmoderne zugerechnet werden.

Inhalt und Rezeption:

Der Icherzähler, der seinen Namen aus noch unbekannten Gründen in Morrow geändert hat, woran ihm besonders der "Anflug von Zukünftigkeit" gefällt, wird von einem Herrn Morden in ein Haus in der Rue Street gerufen, um 8 gerahmte Bilder mit Motiven aus den Metamorphosen von Ovid auf Ihre Echtheit hin zu beurteilen. Diese Bilder werden im Laufe des Romans nacheinander einzeln und sehr detailliert beschrieben. Alle vermeintlichen Maler tragen Anagramme des Namens des Autors, der erste heißt Johann Livelb, der zweite L. van Hobelijn, um nur die ersten beiden Beispiel zu nennen. Diese Beschreibungen sind sehr detailliert, so dass man sich fast ein wenig wundert, dass diese Bilder gar nicht wirklich existieren, sondern der Fantasie des Autors entstammen.

Am Tag nach dem ersten Besuch des mysteriösen Hauses trifft Morrow vor diesem Haus auf eine ebenso mysteriöse ganz in Schwarz gekleidete Dame, die er einfach A. nennt und die ihn wieder in das Haus führt, wo er dann mit dieser Dame eine erste nicht näher beschriebene Annäherung hat, bevor sie plötzlich verschwindet. Ist sie überhaupt eine reale Person? Nach einem verwirrenden Besuch bei seiner Tante Corky im Krankenhaus fährt Morrow wieder zu dem Haus in der Rue Street und diesmal kommt es anscheinend wirklich beinahe zum ersten Liebensabenteuer mit A., wenn es nicht im faschen Moment an der Tür geklingelt hätte und ein Polizist ihn sprechen will, der seine Vermutung äußert, dass er in den Diebstahl von sechs Gemälden verwickelt sei, auch Bezüge auf seine Vergangenheit unter anderem Namen werden eingeflochten.

Die Geschichte mäandert dann weiter, Morrow erzählt von seinen weiteren Begegnungen mit A., ihren Gesprächen über ihr Leben, das mit jedem neuen Gespräch wieder ein anderes zu sein scheint. Dann trifft er auf einen seltsamen Gangster, der sich Pa nennt und sich ebenfalls für Kunstraub zu interessieren scheint und schließlich holt er seine Tante zu sich nach Hause. Interessanterweise schwingt sich die Geschichte dann aber im letzten Drittel doch zu mehr Handlung auf. Die Beziehung zu A. wird konkreter, bis hin zu kurzen fast pornografischen Einschüben, A. will plötzlich von Morrow geschlagen werden und empfindet Lust dabei. Diese Wandlung stellt dann aber auch den Anfang vom Ende der Beziehung dar, warum aber, das erfährt der Leser nicht. Und seine Tante, die sich zunächst in seiner Wohnung durchaus erholt hat, stürzt unglücklich, bricht sich die Hüfe und stirbt an den Folgen. Die kriminalistische Geschichte wendet sich dahingehend, dass Morrow den Kommissar Hackett trifft und ihm den Verbleib der Bilder gesteht und sie als echt bestätigt, was dann aber kurze Zeit später von einem anderen hinzugezogenen Sachverständigen nicht bestätigt wird. Der ganze Schwindel fliegt auf, oder war wiederum doch alles so geplant und ein Bild war echt inmitten der Fälschungen?

Zwischen den Beschreibungen des ersten Tages im Präsens flicht der Autor immer Betrachtungen ein, die bereits auf die gesamte Beziehung zurückblicken. Die Motive von A. für ihr Verhalten werden weder Morrow noch dem Leser klar. Überhaupt gibt es ständige Wechsel zwischen den Zeitebenen, der Leser sollte folglich konzentriert bei der Sache sein. Wie aber erwähnt, wird es dann gegen Ende deutlich linearer und ein klarer Handlungsablauf entspinnt sich, bevor zum Schluss wiederum alles irgendwie doch in den Bereich des Ungefähren gerückt wird.

Das Buch strotz in der ersten Hälfte nur so von Metaphern, mir sind es zu viele und sie sind nicht immer gut gewählt, was aber unter Umstünden auch an dem Problem liegen könnte, für vielleicht zutreffende englische Metaphern deutsche Äquivalente zu finden. Der Autor selbst sagt einmal augenzwinkernd "Ach dieses Übermaß an Metaphern". Hier sind drei Beispiele: "Schneesturm weinen"; "Beine, die an Tennispartys und Faltenröcke und Gin mit Angostura auf dem Rasen denken lassen"; "Geräusch klickender Klauen". Was soll sich mich darunter vorstellen? Aber zum Schluss hin wird das deutlich besser, als es mehr um die Handlungen und weniger um die Betrachtungen geht.

Lesespaßfaktor:

Trotz einiger Schwächen wie das Übermaß an Metaphern ist das Buch für mich lesenswert. Die Verknüpfung der fiktiven Bildbeschreibungen mit der surrealen Geschichte, wo man nie genau weiß, was ist der eigentliche Handlungsstrang und was sind lediglich fiktive Betrachtungen, schafft Lesefreude. Auch wenn ich mich nicht im Kosmos griechischer Götter (Athene ist die Göttin der Künste und eine Kopfgeburt des Göttervater Zeus, A. die Kopfgeburt des Erzählers) auskenne und daher wohl nicht alle Anspielungen in die Geschichte hinein verstehe.


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