Dienstag, 23. Februar 2021

Don DeLillo - Unterwelt

 


Autor: 

Don DeLillo wurde 1936 im Stadtteil Bronx in New York City in eine katholische Arbeiterfamilie italienischen Ursprungs in einfache Verhältnisse geboren. Nach seinem Studium arbeitete er einige Jahre als Texter bei einer Werbeagentur, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Er wird ähnlich wie Foster Wallace der Postmoderne zugerechnet. Außerdem ist er anscheinend auch seit Jahren ein Kandidat für den Literatur Nobelpreis.

Buch:

Dieses Buch erschien im Original 1997, in deutscher Übersetzung ein Jahr später. Es gilt eines der Hauptwerke DeLillos. Ich habe es vor vielen Jahren von meiner Mutter zum Geburtstag geschenkt bekommen, aber nie wirklich gelesen. Zweimal habe ich angefangen, aber nicht die Geduld aufgebracht, mich wirklich auf die Geschichten einzulassen. Das Buch spielt auf 966 Seiten in den Jahren von 1951 bis 1992, Baseball spielt in ihm eine wichtige Rolle. Der Baseball, der in einem wichtigen Spiel des Jahres 1951 zum Einsatz kam, hat anschließend zahlreiche verschiedene Besitzer, die vor allem in der ersten Buchhälfte den Rahmen für die Erzählungen über die vier Jahrzehnte bilden.

Inhalt und Rezeption:

Prolog (Oktober 1951):

Der 14jährige dunkelhäutige Cotter Martin versucht mit einer Gruppe Jugendlicher, ohne eine  Eintrittskarte zu haben, in ein Baseballstadion zu gelangen, was ihm durch eine beherzten Sprung über ein Drehkreuz auch gelingt. Dem Spiel zwischen den New York Giants und den Brooklyn Dodgers am 3.10.51 wohnen auch viele Prominente bei (u.a. Frank Sinatra, John Edgar Hoover). Es ist der Tag des zweiten Atomtests der Sowjetunion. Dieses Spiel ist tatsächlich berühmt geworden, als diese beiden Mannschaften in einem Best-of 3 Finale der regulären Saison aufeinandertrafen und die Giants gewonnen haben durch einen Homerun von Bobby Thomson, der in die Geschichte einging als "Shot Heard 'Round the World". Den auf der Tribüne landenden Ball sichert sich Cotter nach einem Gerangel mit seinem Sitznachbar Bill. Wunderbar, wie Hoover im Augenblick des Homeruns zwei herausgerissene und durch die Luft geworfene Seiten eines Magazins auffängt, die je eine Hälfte des Bildes 'Der Triumph des Todes' von Pieter Bruegel d.Ä. zeigen und sich dann an den martialischen Darstellungen ergötzt und eine Verbindung zu dem Atomtest der Sowjets sieht.

Ein starker, spannender Auftakt, die Reportage über das legendäre Spiel, die vier prominenten Besucher, deren Schrulligkeit schön eingeflochten werden. Vorher sollte man sich aber zumindest in den Grundzügen mit Baseball vertraut machen.

Teil 1 - Long Tall Sally (Frühjahr - Sommer 1992):

Nick Shay, der Icherzähler in diesem Buch, fährt nach einem Geschäftstermin von El Paso mit dem Mietwagen nach Phoenix zurück, wo er aktuell wohnt und auf dem Weg dorthin will er in der Wüste Klara Sax besuchen, mit der er 40 Jahre vorher in New York eine kurze Affäre hatte hat und die jetzt als Konzeptkünstlerin ausrangierte Militärflugzeuge bemalt. Long Tall Sally war der Name eines Mädchens, das auf die 'Nase' eines Flugzeuges aufgemalt war, etwas, das im 2. Weltkrieg oder während des Vietnamkrieges durchaus üblich war und das hat Klara zu ihrem Werk inspiriert.

Dann wird Nick und seine Familie etwas näher vorgestellt, er arbeitet in einer Firma, die mit Müll zu tun hat, hat zwei Kinder, die Tochter ist schwanger und lebt mit seiner Frau Marian zusammen und hat kürzlich seine Mutter aus New York nach Arizona geholt. Es folgende kleine Erinnerungen an die Vergangenheit, seinen Vater, der die Familie verlassen hat, als er 11 Jahre alt war oder kleine Episoden aus seiner Gegenwart, etwa seinen Geschäftsreisen oder eine Ballonfahrt zum Geburtstag seiner Frau. Sein Kollege und Freund Brian bestellt ihn zu einem Kondomladen, den sie sich gemeinsam anschauen, eine skurrile kleine Episode.

Mit seinen Kollegen/Freunden Simeon und Brian sowie der Journalistin Farish ist Nick in L.A. bei einem Baseballspiel zwischen den Giants und den Dodgers, die mittlerweile in Kalifornien beheimatet sind. Man plaudert über alte Baseballzeiten und darüber, dass Nick vor einiger Zeit den berühmten Baseball des berühmten geschlagenen Homeruns von 1951 für über 34.000 Dollar gekauft hat, wie er sagt als "Erinnerung an das Scheitern".

Manx Martin

Cotter kommt nach dem Spiel mit dem Baseball nach Hause nach Harlem, wo neben den Eltern noch seine 16-jährige Schwester wohnt. Seinem Vater Manx erzählt er von dem Baseball, der ihn jedoch verkaufen will und ihn daher seinem Sohn einfach wegnimmt, als der noch schläft.

Teil 2 - Elegie für die linke Hand (Mitte der 80er - frühe 90er Jahre):

Zunächst wird eine Szene beschrieben, in der ein anonymes Mädchen aus dem Rückfenster eines Autos das dahinter fahrende Auto filmt und dabei zufällig die Ermordung des Fahrers durch den so genannten Texas Highway Killer (Richard) auf Zelluloid bannt (den es real wirklich gab, der aber seien Opfer nicht erschoss). Später wird etwas über seine persönliche Situation erzählt.

Brian Glassic besucht in New Jersey den Baseballfanatiker Marvin Lundy, der ihm dann erzählt, wie er den berühmten Baseball von Bobby Thomson gesucht und schließlich gefunden hat. Er hat ihn von ebendem ermordeten Fahrer namens Judson Rauch und kann die Geschichte des Balls bis einen Tag nach dem Spiel zurückverfolgen. Nick hat die Information von Brian erhalten und als er ebenfalls auf ein Geschäftsreise erst seinen Bruder und seine Mutter besucht, die er überreden will, zum ihm nach Arizona zu ziehen, nutzt er die Gelegenheit, ebenfalls Marvin aufzusuchen und dort erwirbt er dann den Baseball.

Dann driftet die Erzählung zu Albert Bonzini, dem Exmann von Klara und sein Leben als Pensionär in der Bronx wird beschrieben.

Ergreifend die Darstellung von zwei Nonnen, die in den Elendsquartieren der Bronx Essen verteilen, Menschen ohne jede Perspektive, der Müll der Gesellschaft. Darunter Schwester Edgar, die wiederum Albert und auch Matt aus der Vergangenheit kannte.

Brian und Marian haben eine Affäre, treffen sich gelegentlich in von Marian organisierten Wohnungen, etwa von ihrer Sekretärin, die sie auch mit Heroin versorgt, das sie aufkocht und einatmet; er hat Angst, dass Nick es herausfinden könnte, sie genießt es, sie selbst zu sein.

Teil 3 - Die Wolke der Unwissenheit (Frühling 1978):

Nick hat erst vor kurzem seinen neuen Job in der Müllbranche begonnen und ist westlich von L.A. auf einem Kongress in einem Hotel, in dem auch zwei Swingerclubs ihr Treffen abhalten. Er trifft sich mit einer Frau namens Donna aus einem dieser Clubs. Mit ihr spricht er zunächst über seine Betrachtungen zu Gott und eröffnet ihr, dass er als Teenager einen älteren Mann (George Manza) getötet hat und in einer Besserungsanstalt war. Dinge, von denen er seiner Frau nichts erzählt hatte. Anschließend schlafen sie miteinander, was er seiner Frau nach seiner Rückkehr auch gesteht.

Marvin ist mit seiner Frau in San Francisco und wartet auf das Schiff, das Chuckie Wainwright bringen soll, der ihm etwas über den Baseball erzählen soll, aber doch nicht kommt. Dabei erinnert er sich an seine Hochzeitsreise nach Osteuropa auf der Suche nach einem im Krieg vermissten Schwager, den sie auch finden. Auf der Rückreise hört er in der Schweiz in einem Zug im Radio von dem legendären Homerun. Das Schiff -so erfährt man kurze Zeit später- gehört der Müllfirma, in der Nick arbeitet, über das es zahlreiche Gerüchte gibt in Bezug auf Müllverklappung oder Drogenhandel.

Manx Martin 2

Manx streift mit dem Baseball in der Tasche umher, besucht seine Stammkneipe, plaudert mit seinem Freund Antoine, spricht zu ihm von dem möglichen Wert des Baseballs und macht sich dann auf zum Stadion, wo die Fans der Giants, die aufgrund des Homeruns nun in der Finalserie spielen, nachts Schlange stehen, um Tickets für das erste Spiel der Finalserie zu kaufen. Er sucht jemanden, der ihm Geld für den Baseball gibt.

Teil 4 - Cocksucker Blues (Sommer 1974):

Klara ist in New York. Sie betrachtet von dem Dach eines Lagerhauses das nächtliche New York. Das World Trade Center wird gerade gebaut, zahlreiche Galerien entstehen, Wassertanks auf den Dächern. Die Beschreibungen rufen Erinnerungen die 70er Spielfilme wach. Titelgebend für dieses Kapitel ist ein Film über die US Tournee der Rolling Stones, den Klara mit ihrem Freund Miles und ihrer Freundin Acey anschaut und witzige Betrachtungen über den Mund von Mick Jagger anstellt.

Matt arbeitet in New Mexico in der Waffenindustrie an Forschungsprojekten. Mit seinem Kollegen Eric, der Zugang zu den Atomwaffenentwicklungen hat, sinniert er beim Mittagessen über Strahlenschäden bei Waffenversuchen in der Umgebung und den furchtbaren Folgen. 

Zurück zu Klara, die mit Miles und mit Esther in der Radio City Music Hall einen verschollen geglaubten Film mit dem Titel 'Unterwelt' eines russischen Regisseurs unter Live Musikbegleitung anschaut, der wiederum Motive von Folgen von wissenschaftlichen Experimenten und verunstalteten Menschen beinhaltet. Und es mäandert weiter zum Graffitikünstler Moonman, der mit seine jungen Helfern U-Bahnen besprüht und berühmt ist.

Matt fährt mit Janet zum Campen in Sonora Wüste, um mit ihr über die gemeinsame Zukunft zu sprechen. Soll er seinen Job in der Waffenproduktion aufgeben? Ihne plagen Zweifel, er hofft, dass Janet ihm die Entscheidung abnimmt, aber das tut sie nicht.

Danach folgen wir wieder Klara, ihren Selbstzweifeln als Künstlerin, ihren Beziehungen zur ihrer Freundin Acey, ihrem gemeinsamen Leben mit ihrem Freund Miles, mit dem sie auch nach Los Angeles fährt. Die einzelnen kleinen Begebenheiten reihen sich etwas ohne roten Faden wie an einer Kette auf, auch durchaus etwas langatmig. Im Herbst desselben Jahres heiratet Klara dann aber ziemlich plötzlich Carlo Strasser.

Teil 5 - Bessere Produkte für ein besseres Leben - Chemie macht's möglich (Fragmente aus den 50er und 60er Jahren):

Der Titel deutet es schon an. In diesem Kapitel springt die Geschichte zeitlich hin und her. 

Nick ist in einer Besserungsanstalt, wo er wegen fahrlässiger Tötung einsitzt, mehr erfährt man zunächst aber nicht. Dann wird die Kubakrise 1962 aufgegriffen und aus Sicht des realen Stand-Up Comedians Lenny Bruce beschrieben, das ist stark gemacht. Weitere Auftritte von ihm aus demselben Jahr in Chicago und Miami folgen. Oder im Jahr 1957, als die Sowjets ihren Sputnik Satelliten ins All geschossen hatten, und in der Familie Demings eine herrliche Szene wie aus der Werbung einer amerikanischen Vorstadt-Vorzeigefamilie beschrieben wird. 1964 in Mississippi, als es Rassenunruhen und Demonstrationen gab, in die Rosie verwickelt ist. Und der Alltag in einer Werbeagentur wird angerissen. 

Wiederum das Thema Müll greift eine kleine Geschichte zu J. Edgar Hoover auf, der den Müll von Verbrechern durchsuchen ließ und nun fürchtet, dass sein eigener Müll durchsucht werden soll. Und das wird diskutiert, kurz vor und während eines von Truman Capote in New York organisierten Maskenballs im Jahre 1966. eine nette Anekdote, die mit Wahrheiten und Gerüchten von der Homosexualität von Hoover und seinem Stellvertreter spielt. Und nett verwoben zwischen Realität und Fiktion dann ganz am Rande die Erwähnung, dass auch Klara Sax auf dieser Party gewesen sein soll.

Der Titel des Kapitels, 'Chemie machts möglich' bezieht sich auf die Herstellung von chemischen Waffen für den Vietnam Krieg, allen voran Napalm, etwa wogegen die Studenten 1967 protestierten, das Jahr, in dem Marion Nick einen telefonischen Heiratsantrag macht.

1969 war der B 52 Bomber 'Long Tall Sally' noch im Einsatz, als Navigator dabei "Chuckie" Wainwright. Testflüge zur Simulation von Atombombenabwürfen werden durchgeführt.

Manx Martin 3

Manx findet bei den Wartenden endlich jemanden, der ihm für etwas mehr als 20 Dollar den Baseball abkauft, es handelt sich um Chuck Wainwright, der mit seinem Sohn auf die Öffnung der Ticketschalter am kommenden Morgen wartet.

Teil 6 - Arrangement in Grau und Schwarz (Herbst 1951 - Sommer 1952):

Albert, noch mit Klara verheiratet, steift durch die Bronx, trifft sich mit Pater Paulus, um über Schachunterricht für Matt zu sprechen und eventuell für den 16 jährigen Nick eine berufliche Perspektive zu finden. Warum Albert sich so für die Shaws einsetzt, das bleibt im Ungewissen.

Nick hat mit seinem Kumpel JuJu ein Auto gestohlen mit dem er rumfährt. Als es aber jeder im Viertel weiß, schrauben sie die geliehenen Nummernschilder wieder ab und stellen das Auto zurück an den Platz, an dem sie es gestohlen hatten. Nick hat die Schule geschmissen, arbeitet u.a für einen Getränkedienst, wobei er auch Klara kennenlernt und mit ihr eine kurze Affäre hat.

Dieser Teil wirkt authentischer in der Beschreibung des Lebens in der Bronx Anfang der 50er Jahre aus der Sicht von Nick. Er endet mit der versehentlichen Tötung von George Manza, der ein abgesägtes Gewehr gefunden hat. Als Nick es in der Hand hat, fragt, ob es geladen sei und George das verneint, drückt er zum Spaß ab, aber es löst sich doch ein Schuss. Damit endet die Erzählung.

Epilog:

Es geht zeitlich wieder in die Gegenwart von 1992. Nick ist mit seinem Kollegen Brian in Russland und Kasachstan, wo sie eine Geschäftsidee, nämlich Atommüll unterirdisch per Atomexplosion zu vernichten, überprüfen sollen. Das soll auf einem alten Testgelände passieren. In dieser völlig abstrusen Umgebung konfrontiert Nick Brian mit der Affäre, die er mit seiner Frau hatte. Wirklich eine schräge Idee, so das Thema Müll zum Höhepunkt zu treiben.

Dann reflektiert Nick noch über sein Leben mit Marian in Phoenix und sehnt sich nach den wilden Zeiten seiner Jugend zurück. 

Zum Schluss geht zurück zu den Nonnen der Bronx. Das von ihnen gesuchte Mädchen Esmeralda ist vergewaltigt und ermordet worden. Das Leben hier ist unendlich trostlos, Schwester Edgar ist hoffnungslos:
"Ihr ist, als stürzte sie in eine Krise, sie beginnt es für möglich zu halten, dass jegliche Schöpfung nur ein Klecks leerer Materie ist, der blindlings hier einen Smaragdplaneten bildet, dort einen toten Stern, und dazwischen Zufallsmüll."

Die letzten Sätze sind dann sehr kryptisch, allein der letzte Satz geht über eine ganze Seite, fast wie Halluzinationen

Wesentliche Figuren im Roman:

Nick Shay, 57 Jahre alt (1992) verh., zwei Kinder, wohnhaft in Phoenix
Marian, seine Frau, geb. Bowman
Jeffrey, sein Sohn
Lainie, seine Tochter
James 'Jimmy' Costanza, sein Vater, Buchmacher
Rosemary, seine Mutter
Matthew 'Matt' Aloysius Shay, sein Bruder und dessen Frau Janet Urbaniak, Krankenschwester
George Manza, Billardspieler, wurde von Nick versehentlich erschossen
JuJu, ein Freund in den 50er
Klara Sax, 72 Jahre (1992), Künstlerin
Teresa, ihre Tochter (von Albert Bronzini)
Miles Lightman, ein Freund im Jahr 1974, Filmfreak, macht u.a. Dokumentarfilme
Esther Winship, ihre Galeristin im Jahr 1974 und ihr Mann Jack Marshall
Acey Green, eine Freundin, ebenfalls Künstlerin
Jason Vanover, ihr zweiter Ehemann
Carlo Strasser, ihr dritter Ehemann (geheiratet Herbst 1974), Geschäftsmann und Hobbykunstsammler
Albert Bronzini, ihr 1. Ehemann, ehemaliger Physiklehrer von Nick, unterrichtet Matt in Schach
Cotter Martin, 14 Jahre (1951), Baseballfan
Manx Martin, sein Vater
Antoine Cooper, Freund von Manx
Bill Waterson, Bauunternehmer und Baseballfan
Simeon Branson Biggs ('Big Sims'), 55 (1992), Kollege von Nick, seine Frau Greta und sein Sohn Brian Glassic, Kollege von Nick, hat zwei Kinder namens Brittany und David
Jane Farish, Journalistin, die eine Dokumentation über Salzstöcke zur Lagerung von Atommüll macht
Arthur Blessing, General Manager in der Firma, in der Nick arbeitet
Marvin Lundy, Sammler von Baseball Memorabilien in New Jersey
Judson Rauch, vom Texas Highway Killer ermordeter Besitzer des Baseballs
Charles Wainwright, Etatdirektor in einer Werbeagentur in New York, zeitweiser Besitzer des Baseballs
Charles "Chuckie" Jr. Wainwright, sein schulschwacher Sohn, bekommt vom Vater den Baseball
Alma Edgar, Schwester in einem Kloster in Bronx
Grace Fahey, junge Nonne
Ismael Munoz, gen. 'Moonman' Graffitikünstler in New York
Richard Henry Gilkey, der Texas Highway Killer, arbeitet in einem Lebensmittelladen an der Kasse

Lesespaßfaktor:

Wie bei vielen Büchern der Postmoderne ist die Handlung zerstückelt. Man muss sich gerade zu Anfang sehr konzentrieren, um alle Figuren zu überblicken. Dann gelingt es einem auch, der Handlung zu folgen und die oft satzweisen Sprünge nachzuvollziehen. Die Geschichte um den Baseball wird linear vorwärts von 1951 an erzählt, die Familiengeschichte von Nick dagegen von 1992 an rückwärts. Das Buch spannt dann einen großen Bogen durch viele gesellschaftliche Themen der USA, insbesondere der Stadt New York von den frühen 50er bis in die 90er Jahre. Ein schönes Kaleidoskop und ohne jede Verklärungsattitüde, früher war nicht alles besser, aber vieles anders.

Ähnlich wie bei Foster Wallace, dessen Buch 'Unendlicher Spaß' ein Jahr früher erschien, werden eine große Vielzahl an Personen eingeführt, oft erst nur mit einem Teil des Namens und die Verknüpfungen der Figuren untereinander kommt dann irgendwann viel später. Ein bisschen Detektivarbeit für den Leser, mir macht das Spaß. Weitere Parallelen zu Foster Wallace 'unendlicher Spaß' sind Themen wie Müll, Drogen, Sport, aber auch die Verlorenheit der Menschen in der aktuellen Welt. Titelgebend für das Buch auch hier ein verschollen geglaubter, wiedergefundener Film, hier von Sergej Eisenstein, der den Namen des Buches trägt, nämlich 'Unterwelt', nur das es diesen russischen Regisseur wirklich gibt, wenn auch keinen Film dieses Titels.

Und sprachlich ist es durchaus schön zu lesen, viele kleine Sprachbilder, die den Ideenreichtum des Autors ausdrücken ("Sie besaß eine strikte Willenskraft, die sie ausschließlich mit Dämpfer spielte, wobei sie genau darauf achtete, dass ... das Entscheidende mitbekam."). Nur mit den Protagonisten, mit Nick, mit Klara, wird man nicht wirklich warm, man lernt sie dann doch nicht richtig kennen, vor allem Klara. Dazu gibt es zu viele inhaltliche und zeitliche Sprünge in der Handlung. Ich habe das Gefühl, immer wie durch einen halbdurchsichtigen Vorhang von den Figuren getrennt zu sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen