Mittwoch, 20. Dezember 2023

Jon Fosse - Melancholie

 

Autor:

Jon Olav Fosse wurde 1959 in einer kleinen norwegischen Küstenstadt in eine Quäkerfamilie hinein geboren. Nach Abitur und Studium der Literaturwissenschaften, Psychologie und Soziologie begann er zunächst nebenberuflich mit dem Schreiben. Stark beeinflusst war seine Berufswahl von einem Unfallerlebnis als Kind, wobei nach einer schweren Schnittverletzung ein Nahtoderlebnis hatte, das ihn stark geprägt hatte. Fosse hat bisher vor allem als Dramatiker Erfolg, viele seiner Stücke finden sich auf Theaterbühnen wieder. In seinen Texten spielt Glaube und Religion oft eine wichtige Rolle, er selbst war zunächst ebenfalls Quäker, bevor dann zum Katholizismus konvertierte. Stilistisch werden seine Werke dem Postmodernismus zugerechnet. In diesem Jahr erhielt Fosse den Literatur Nobelpreis.


Buch:

Dieser Roman erschien in zwei Teilen im Original 1995/96 (deutsche Übersetzung 2001) und behandelt das Leben des geistig verwirrten norwegischen Landschaftsmalers Lars Hertervig. Wie das so oft geschieht, bin ich über meine Frau aufgrund der Verleihung des Nobelpreises überhaupt erst auf Jon Fosse aufmerksam geworden. Davor kannte ich ihn lediglich dem Namen nach als Bühnenautor. 


Hauptfiguren:
  • Lars Hertervig, Icherzähler, Maler
  • Helene Winckelmann, seine Mitbewohnerin und Geliebte, 15 Jahre alt
  • Hans Gude, sein künstlerischer Lehrer
  • Doktor Ole Sandberg, Arzt in der Irrenanstalt
  • Hauge, Wärter in der Irrenanstalt
  • Vidme, Schriftsteller, Mitte 30
  • Oline,
  • Sivert, Olines Bruder
  • Signe, Siverts Frau

Inhalt und Rezeption:

Melancholie I:

Lars, ein norwegischer Student an der Kunsthochschule in Düsseldorf, erwartet im Jahr 1853 ängstlich das Urteil seines Lehrers zu einem seiner Bilder, traut sich aber nicht an die Akademie. Seiner Selbstwahrnehmung nach kann er sehr gut malen, besser als seine Kommilitonen, aber dennoch hat er Angst vor dem Urteil. 

Lars ist Untermieter in einer Wohnung von Frau Winckelmann (Tante), in der auch Helene wohnt. Aus seinem gemieteten Zimmer soll Lars aber auf Wunsch von Helenes Onkel noch am gleichen Tag ausziehen, da dieser die (platonische) einseitige Liebe von Lars zu Helene nicht billigt, schließlich ist sie auch erst 15. Er unterstellt dem Onkel, selbst etwas von Helene zu wollen. Das alles ist sehr handlungsarm und durch den Schreibstil der dauerhaften Wiederholungen sehr ermüdend. Die Figur des Lars ist aus meiner Sicht als geistig Behinderter skizziert, der unter Halluzinationen leidet und seine Umwelt nur bedingt wahrnehmen kann. Seine Gedanken drehen sich so sehr im Kreis, dass sie hundertfach wiederkehren (lila Samtanzug).

Lars geht in Düsseldorf in den Künstlertreff 'Malkasten', wo er seinen Kommilitonen Alfred und später noch andere trifft und allerlei wirre (Selbst)Gespräche führt, auch mit gar nicht anwesenden Personen.  Von seinen Kommilitonen wird er veräppelt und zum Trinken angehalten. Er kehrt zurück in sein Zimmer, wird nun aber von Helenes Onkel endgültig rausgeworden. Draußen vor dem Haus trifft er auf seinen Lehrer Gude, der ihn wieder mit in den Malkasten nimmt und unterwegs sein Bild lobt. Nach weiteren Irrungen und Wirrungen kehrt Lars noch einmal in die Wohnung der Winckelmanns zurück. Er träumt davon, Helene mit nach Norwegen zu nehmen, wird aber erneut aus der Wohnung verwiesen.

Dann kommt ein zeitlicher Sprung, Lars ist nun in einer Irrenanstalt in Christiania (so hieß früher Oslo). Es ist das Jahr 1856 Dort darf er nicht einmal malen, worunter er sehr leidet. Er hat anscheinend einen Hass auf alle Frauen entwickelt, warum, das wird aber nicht deutlich. Genauso wenig wie die Frage, wie und warum er in der Anstalt gelandet ist. Er führt imaginäre Gespräche mit Helene und träumt immer noch davon, mit ihr wegzugehen. Das ist alles ein bisschen so wie im Film 'Einer flog über das Kuckucksnest', nur das hier kein Insasse nur den Irren mimt. Und der Text driftet ab ins Unflätige.

Cut. Es ist das Jahr 1991 und der erfolglose norwegische Schriftsteller Vidme läuft durch den Regen in Bergen und sinniert darüber, dass er ein Buch über die Bilder von Lars Hertervig schreiben will, nachdem er ein paar Jahre vorher in der Nationalgalerie in Oslo ein Bild von ihm gesehen hat. Aber wer nun denkt, dass der Roman nun in eine andere Sprache wechselt, der sieht sich getäuscht. Auch Vidme scheint auf dem Weg in den Wahnsinn zu sein. Er trifft sich mit der Pfarrerin Maria und es wird etwas seltsam über Religion sinniert. Warum? Keine Ahnung!

Melancholie II:

Lars ist anscheinend vor kurzem verstorben und seine in armseligen Verhältnissen in Stavanger Schwester Oline wird von ihrer Schwägerin zu ihrem im Sterben liegenden Bruder Sivert gerufen. Die inneren Betrachtungen über das Leben gehen jetzt auf Oline über. Sie sinniert über ihre Kindheit und ihr Verhältnis zu Lars. Einzelheiten hierzu lohnen nicht der Zusammenfassung. Es wird aber nicht mehr aus der Ich-Perspektive erzählt, sondern neutral ("die Oline..."). 


Lesespaßfaktor:

Keiner! Der Roman besteht aus endlos vielen ganz kurze Sätzen, die sich inhaltlich dauernd wiederholen. Das verstärkt zwar den Inhalt, aber nach ganz kurzer Zeit wird es unendlich langweilig. Das ganze Werk wirkt wie ein dahinströmendes (Bewusstseinsstrom) Selbstgespräch eines geistig minder Bemittelten im ersten Teil, im zweiten wird es nicht besser, nur das jetzt in indirekter Rede von der ebenso schwachsinnig wirkenden Schwester erzählt wird. Für diesen Roman würde ich den Anti-Literaturnobelpreis verleihen. Eines der schlechtesten Bücher, die ich (halbwegs) bis zum Ende gelesen habe.

♡♡

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