Dienstag, 16. Dezember 2025

Arno Geiger - Reise nach Laredo

 

Autor:

Arno Geiger (*1968 in Bregenz ) ist ein österreichischer Schriftsteller, der Deutsche Philologie, Alte Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck und Wien studierte. 1997 publizierte er seinen ersten Roman ('Kleine Schule des Karussellfahrens'), für den Roman 'Es geht uns gut' erhielt er 2005 den Deutschen Buchpreis. Es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen in ganz Europa. Heute ist er freier Schriftsteller.

Buch:

Bei meiner Beschäftigung mit der Weltgeschichte stieß ich vor einiger Zeit auf diesen im Jahr 2024 erschienen Roman, der die letzten Lebensjahre von einem Karl thematisiert, auch die Kritiken waren vielversprechend. Ich glaubte, es ginge um Karl den Großen, das tut es aber gar nicht. Vielmehr geht es um den habsburgischen Kaiser Karl V., der im 16. Jahrhundert als römisch-deutscher Kaiser regierte und gleichzeitig in Spanien als König Karl I. regierte.

Hauptfiguren:
Inhalt und Rezeption:

1558: Karl, 58 Jahre alt, lebt seit fast drei Jahren zurückgezogen in einem Kloster in einem kleinen spanischen Dorf namens Yuste, sein Körper ist verbraucht, er kann sich nur beschwerlich bewegen. Wenn er ein Bad nimmt, muss sein gichtgeplagter Körper mittels einer Hebevorrichtung ins Wasser gehievt werden. Seine 47 Bediensteten warten auf seinen Tod, um der Einsamkeit der Umgebung endlich entfliehen zu können. Er will sich selber erkennen, in den langen Jahres als König und Kaiser hat er das offenbar nicht herausfinden können.

Sein illegitimer Sohn Geronimo, der nicht weiß, dass Karl sein Vater ist und als Stallbursche im Kloster arbeitet, wird von Karl beauftragt, nachts zwei Reittiere vorzubereiten, damit sie zusammen das Kloster unbemerkt verlassen. Nun wird die Geschichte wie eine Version von Don Quijote (selbst Windmühlen kommen vor), sie retten ein Geschwisterpaar, die einer unterdrückten Minderheit angehören ('Cagots'), das von Männer misshandelt wurde, und bringen es in ein armseliges Haus einer heilkundigen Frau. Dort fällt Karl in einem wochenlangen Schlaf, als er aufwacht geht es dem Todgeweihten etwas besser, so dass sie weiterreisen können nach Laredo. Der misshandelte Honza hat sich inzwischen erholt und wird beauftragt, mit seinem Fuhrwerk Karl zu begleiten. 

 
Dieser Muli-Roadtrip ist nicht mehr so spannend zu lesen, da wird es m.E. etwas zu seicht. Karl bleibt inkognito und muss sich an das einfache Landleben anpassen. Er wird in der Toten Stadt beim Kartenspiel über das Ohr gehauen, er ist pleite, er lernt seinen Sohn etwas besser kennen, aber bislang auch nur oberflächlich, zu empathischen Gefühlen scheint Karl bislang nicht fähig zu sein. Hier fehlt aber Handlung! Es wird belanglos. Die kleine Reisegesellschaft sitzt in einem Wirtshaus fest, Karl prügelt sich mir dem Wirt, der hat ein Auge auf Angelita geworfen, ihr Bruder unterstützt das, er will die Verantwortung für sie offensichtlich loswerden, sie will aber nicht, was den Wirt verärgert. In der Nacht vor dem geplanten Aufbruch stürzt Honza aus dem Fenster und stirbt, war es wirklich ein Unfall? Aber sie befinden sich ja immer noch in der Toten Stadt!

Aber sie schaffen es, zu dritt weiterzureisen, in Laredo angekommen, verlässt sie auch Angelita. Am Meer angekommen gehen sie ins Wasser, für Karl das Ende seiner Lebensreise. Es war dann doch nur ein Traum, tatsächlich ist Karl im Kloster verstorben. Am Ende der Geschichte brechen dann Honza und Angelita zu zweit auf, um das Kloster zu verlassen und sich auf ihre Lebensreise zu begeben. 

Lesespaßfaktor:

Der Roman hat zu Beginn eine Fülle wirklich schöner Gedanken, viele in schöne Metaphern gekleidet, wie etwas diese her. " Karl ist vollständig in Schwarz gekleidet, damit sein Empfinden einen äußeren Ausdruck hat."

Die Geschichte verhängt verheißungsvoll an, der Leser möchte wissen, zu welchen Erkenntnissen Karl denn kommt bei seiner Begegnung mit der realen Welt des 16. Jahrhunderts. Aber leider verflacht die Geschichte mit dem Beginn der Reise nach Laredo. Sie wirkt auf mich unglaubwürdig, passt nicht zu einer historischen Person und wirkteher wie eine Rittergeschichte. Zum Ende hin kommen wieder etwas mehr Betrachtungen ins Spiel. Der zurückgetretene Kaiser erkennt sich als Mensch in der realen Welt, nicht als geborener König, dem automatisch Respekt gezeigt wird.

Die zahlreichen positiven Kritiken kann ich nur bedingt nachvollziehen.

♡♡

Hier ein paar der durchaus schönen Zitate, wenn sie auch manchmal wie Kalendersprüche wirken:

"Schönheit ist selten wahr und Wahrheit selten schön."
"Das Reden macht Mühe, wenn man um seine Wirkungslosigkeit weiß."
"Gute Vorsätze, die man nicht einlöst, sind schlimmer als schlechte Gewohnheiten."
"Es heißt, der Mensch ist das, was ihm bleibt, nachdem er alles verloren hat."
"Der Mensch ist zwar stark genug, um zu erkennen, dass ihm etwas fehlt, aber zu schwach, um das Fehlende zu finden
„Der Tod könnte schön sein, wenn man gelebt hat.“


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